Friday, December 25, 2009

i Feliz Navidad amigos !



Liebe Freunde und Weggefaehrten,

ihr begleitet mich nun schon seit fast 5 Monaten. Dafuer danke ich euch. Fuer alle, die mich erst seit kurzem entdeckt haben: Seid willkommen. Stets freue ich mich ueber jeden Leser.
Hier bei Janinparaguay.blogspot.com sind wir liberal und tolerant. Ich moechte, dass die Jugend ebenso so sehr meine Geschichten verschlingt wie die etwas Betagteren (an dieser Stelle Gruesse an die Mehrheit meiner frueheren Lehrer). Wir sind farbenblind, kennen viele Goetter und gehen nicht waehlen. Und wenn, dann nur die SPD!
Kurz gesagt, wenn du das hier lesen kannst, dann stell dir vor, dass ich diese Zeilen nur fuer dich geschrieben habe, egal, was deine Ueberzeugungen sind!

Leute! Weihnachten. Ich weiss, ich hab noch nen Haufen anderer geiler Hardcorestories im Petto, aber yo, irgendwo muss ich ja mal anfangen. Aus gegebenem Anlass werde ich allerdings einen Artikel ueber das besinnlichste Fest des Jahres schreiben und wie ich es hier verlebt habe.
Also, zunaechst vergleiche ich wieder den Ablauf in meinem deutschen Heim mit dem hiesigen.
In Deutschland gehen wir etwa um 8 Uhr in die Kirche, natuerlich protestantisch, wo die Kinder bereits ungeduldig auf ihren Sitzen quaengeln und warten bis sie endlich die Geschenke auspacken koennen. Danach, etwa um 21:30, begibt man sich dann nach Hause und singt ein paar festliche Lieder im "Oh Tannenbaum"- Style und oeffnet dann die voellig ueberteuerten Nichtigkeiten, die man spaetestens im Februar wieder vergessen hat. So war es jedenfalls frueher bei mir. Mittlerweile weiss ich ungefaehr was ich brauche und was nicht. Daher wuensche ich mir einfach immer Geld. Diesem Wunsch wird auch meistens gerne Folge geleistet, da man sich dann meinetwegen nicht mehr den Kopf zerbrechen muss. Nur hin und wieder werde ich durch einige kreative Meisterleistungen meines geliebten Schatzes voellig ueberwaeltigt.

Nun wollen wir das Ganze um ein paar Tausend Kilometer nach Westen verschieben. Wir befinden uns in Asunción. Es ist Weihnachtszeit und auch hier hat der nordamerikanische Kulturimperialismus seine Spuren hinterlassen und dafuer gesorgt, dass es trotz tropischen Temperaturen ueberall von rot-weiss-bemaentelten Weihnachtsmaennern wimmelt, die die Waren diverser Grosskonzerne anpreisen. Interessant ist, dass es hier keinesfalls ueblich ist, seine Mitmenschen mit Geschenken zu ueberhaeufen. Im grossen Rest des Landes wird aus religioesen Gruenden zwar die Geburt des Erloesers (El Salvador) gefeiert, aber normalerweise nicht mit eitlem Tand, sondern einem herzlichen Familientreffen und viel Alkohol und Essen. Die Mehrheit des Volkes ist arm und lebt oft von der Hand in den Mund. Nur der kleine Prozentsatz der Oberschicht, der sich hauptsaechlich in den grossen Staedten vorfindet, begruesst die Ankunft des Christkindes im gewohnt ueberschwaenglich europaeischen Massstab.

Bevor ich die Einzelheiten meines Weihnachtsfests naeher beschreibe, sollte ich vielleicht noch eine Kleinigkeit erwaehnen.

Ich habe vor zwei Wochen meine Familie zum zweiten Mal gewechselt.

Auch diesmal ist diese Entscheidung nicht von mir getroffen worden. Sicher, fuer mich war es sicherlich ein ordentliches Stueck Hoelle auf Erden. Ich war ihnen voellig gleichgueltig und eher eine Last als ein Familienmitglied. Dennoch hatte ich nicht vor, den ersten Schritt zu tun und AFS zu bitten, eine andere Familie zu suchen. Das war sicherlich einerseits, weil ich mir die unangenehme Situation ersparen wollte, sie darauf anzusprechen, aber andererseits auch, weil ich nicht einfach aufgeben wollte. Mein Plan war, es mit diesen Leuten aufzunehmen und wie ein Soldat jedem Unbill, das von ihnen ausging zu widerstehen und tapfer weiter durchzuhalten. Gluecklicherweise waren sie es, die mich baten die Familie zu wechseln, da meine Gastmutter nach Ciudad del Este versetzt wuerde und sie ja meine Aufsichtsperson sei. Ich halte diese Begruendung fuer absolut haltlos und totalen Humbug. Erstens war sie sowieso oefters weg auf Reisen und nicht da, um auf mich aufzupassen. Zweitens war ich kaum zu Hause, weil ich viel arbeiten musste und auch nicht unbedingt ihre stetige Praesenz suchte. Drittens koennte mein Gastvater genausogut auf mich aufpassen. Viertens bin ich 21 und bedarf nicht mehr tagtaeglicher Aufsicht. Letztens, und ich denke das ist des Pudels Kern, haben sie auch noch nie auf mich aufgepasst. Ausser, wenn ich mir was zu essen genommen habe. Ich koennte ja satt werden!
Habe ich diese hieb- und stichfesten Beweise genutzt, um ein ueberzeugendes Plaedoyer fuer ein verlaengertes Aufenthaltsrecht zu konstruieren? Habe ich meine ueberlegenen linguistischen Faehigkeiten in den Dienst der Kontinuitaet des Status Quo gestellt? Nun, genauso gut koennte man auch fragen, ob ich noch ganz klar im Kopf bin. Alter, ich hab gefeiert wie ein Urmensch als ich erfahren hab, dass ich wechseln wuerde. Das war einer der besten Momente meines Lebens!
Im Nachhinein ist mir klar geworden, dass meine Familie vielleicht doch verstanden hat, dass ich mich nicht wohlfuehlte und mir deshalb diesen Ausweg ermoeglicht hat. Wahrscheinlicher ist aber, dass ich ihnen einfach nur eine unnuetze Buerde war und sie mich deshalb loswerden wollten. Wie dem auch sei, nun sind wir beide gluecklicher, denke ich. Sie liessen mich natuerlich nicht gehen, ohne AFS zu petzen, dass ich zuviel esse und mein Zimmer nicht aufraeume, wofuer ich dann auch eine Standpauke bekam. Beide Anschuldigungen sind absolut korrekt und beide Verhaltensweise habe ich im Vollbesitz meiner geistigen Kraefte mit grossem Genuss ausgefuehrt. Es tut mir ja Leid, aber zwei Broetchen morgens und ein Teller Suppe abends sind nicht genug fuer einen jungen Kerl, der taeglich mehrere Kilometer geht und danach noch trainiert. Ausserdem haben wir zwei Putzfrauen. Bitte was genau ist ihre Arbeit, wenn nicht Zimmer aufraeumen und putzen? Daher war ich mit meiner Einsicht auch nicht immer ganz freigiebig, was meine Gastfamilie betrifft.

Der Wechsel an sich war eigentlich recht einfach. Als ich von einer kleinen Reise zurueckkam, ueber die ich noch genauer berichten werde, wartete am darauffolgenden Nachmittag schon ein Taxi. Mit meinem ganzen Hab und Gut gings dann Richtung unbekannt. Meine neuen Gasteltern waren noch nicht da. Deshalb oeffnete Enrico, einer meiner drei kleinen Gastbrueder, das Tor.
Also, kurz zu meiner neuen Familie:
Ich habe eine Gastmama und -papa, beide Anfang 40 sowie drei kleine Brueder; 7, 10 und 16 Jahre alt. Die Vorfahren meines Vaters sind Italiener und die meiner Mutter Araber. Mein Papa war des Uebrigen auch schon ein Jahr in Deutschland. Auch mit AFS. Auch als Jugendlicher. Meine Mama hat laengere Zeit fuer eine US-Firma gearbeitet und spricht deshalb auch oefter Englisch mit ihren Kindern. Beide sind, so wie ich das verstanden hab, Ingenieure. Man merkt gleich, dass man es hier mit Leuten zu tun hat, die offener fuer den Rest der Welt sind und die kulturelle Differenzen nicht nur aus der Zeitung kennen.
Insgesamt fuehle ich mich bisher sehr wohl. Wir haben schon mehrere tolle Erlebnisse zusammen gehabt, aber ich moechte jetzt nicht den Rahmen sprengen und naeher darauf eingehen. Sicherlich werde ich bei Zeiten noch einmal darauf zurueckkommen.

Zurueck zur Weihnachtsfeierei. Da mich meine zweite Familie derbst ankotzte, hatte ich schon seit geraumer Zeit das gemeinsame Weihnachtsfest gefuerchtet. Siehe "Die schlimmste Party. Ever." falls du dich fragst, warum.
Daher hatte ich mich, schlauer Bursche, der ich bin, bei meinem coolen Kollegen Carlos zu seiner Familie selbst eingeladen bzw. hab es so dargestellt, dass er mich einlud. Das war damals auch ein toller Moment gewesen und ich hatte mich schon auf ihn und seine Familie gefreut. Da wusste ich aber noch nichts von dem geplanten Familienwechsel und auch nicht, dass ich am 23. Dezember krank werden sollte - leichte Mandelentzuendung. Auf jeden Fall musste ich absagen, was aber kein Ding war, da ihm meine Gesundheit wichtiger war, als mich nochmals seiner Familie zu praesentieren (die ich uebrigens sehr mag, auch wenn man fast immer nur Guaraní spricht). Gaebe es mehr von seiner Sorte, waere die Welt echt ein ganzen Stueck lebenswerter. Vom ihm und auch meinen anderen Kollegen kann ich echt noch was lernen, vor allem sozial gesehen.
Daher also verbrachte ich Weihnachten mit meiner neuen Familie. Nachdem sie mit mir nachts noch zum Krankenhaus gefahren waren, weil sie sichergehen wollten, dass ich auch keine Streptokokken-Infektion hatte, gaben sie mir anschliessend noch mindestens fuenf verschiedene Medikamente. Mein Freund Eric, der gerade sein Jahr in Kolumbien verbringt, wuerde sich sicherlich in seiner Haengematte umdrehen, da er ganz klar der Homoeopathie den Vorzug gibt. Auch ich nehme eigentlich nie irgendwelche "teuflischen pharmazeutischen Erzeugnisse", um den Strassenpoeten Samy D Luxe zu zitieren, aber ich wollte meine neue Familie nicht beleidigen. Ausserdem hats super geholfen!
Weihnachten hier laeuft normalerweise so ab, dass man zunaechst ein grosses Familienessen abhaelt, dann um Mitternacht die Geschenke oeffnet und schliesslich zur Messe geht. Den letzten Teil haben wir gluecklicherweise weggelassen, denn um halb zwei nachts in die Kirche muss wegen mir eigentlich gar nicht sein. Bei uns gab es jedenfalls viel leckeres Essen und ich habe einen Haufen netter Verwandter getroffen. Ist schon komisch, dass ich auf einmal so gut wie alle Verwandten sympathisch finde, waehrend mir die vorherigen fast alle auf die Nerven gingen. Sollte man daraus etwa ableiten koennen, dass sich Personen mit bestimmten Charaktereigenschaften fuer gewoehnlich zusammentun? Sind bestimmte Persoenlichkeitszuege vererblich? Das finde ich eine sehr interessante These, die mich daran erinnert, dass ich anfangs mal Soziologie und auch Medizin studieren wollte. Auch wenn Ersteres eine Abbrecherquote von nahezu 70% hat, fuehle ich mich nachwievor dazu hingezogen. Mehr aber auch nicht. Dennoch wuerde ich euch, liebe Leser, darum bitten, mal selbst ueber diesen Sachverhalt weiter nachzudenken.

Das war im Grossen und Ganzen Weihnachten. Mir ist durchaus bewusst, dass ich dem eigentlichen Geschehen wenige Zeilen gewidmet habe, aber das liegt daran, dass ich keine Lust habe, naeher darauf einzugehen. Es war schoen und angenehm, eignet sich aber nicht zu einer Megastory. Eine der Grundregeln des Schreibens ist, dass man dabei immer selbst Spass haben sollte, wenn jemand anders das Geschriebene moegen soll. Daher schreibe ich immer nur Gedanken und Tatsachen nieder, die von literarischen Wert sind. Kann ich als einzelne Person bestimmen, was litarisch wertvoll ist und was nicht? Klar! Ist mein Blog, ey! Was glaubst du denn!?

Bis naechste Woche! ;-)

Sunday, December 20, 2009

Meine Arbeit und was ich hier eigentlich mache.

Leudeeeee!
Alter, damn es ist lange her! Seid ihr frustiert, habt ihr keinen Bock mehr auf Warten? Fuerchtet euch nicht, denn es ist endlich soweit. Euer Lieblingsautor meldet sich wieder zu Wort.

Jan-Willem Pruegel hat viele Geschichten zu erzaehlen. Zu viele. Aber ich denke ich werd einfach mal ein zwei Ereignisse herauspicken und euch zum Besten geben.
Anfangen moechte ich mit einer kleinen Beschreibung meiner Arbeitsstelle. Schon von mehreren Personen wurde ich gebeten, Aufschluss ueber meine eigentliche Beschaeftigung zu geben. Boese Zungen behaupten sogar ich wuerde den ganzen Tag nur chillen und keinen Finger ruehren. Ueeeebelste Unterstellung. Bin staendig am Schwitzen. Klar, liegt auch am 40 Grad Wetter, aber das tut hier jetzt nix zur Sache.
Also, ich bin freiwilliger Mitarbeiter einer Nicht-Regierungs-Organisation names Tierranuestra (spanisch fuer "Unsere Erde"), die in vielen Bereichen taetig ist. Unser Slogan ist "Aprendizaje para el desarrollo" (frei uebersetzt "Lehren um zu entwickeln")



Die Hauptarbeit wird im oekologisch-praeventiven Sektor verrichtet. Wir leisten Aufklaerungsarbeit in Paraguay, um den Leuten klarzumachen, dass wir nur diesen einen Planeten haben und gut auf ihn Acht geben muessen. Meine Rolle hierbei ist, dass ich mit meinem Team an verschiedene Schulen fahre und wir dort Workshops machen, die spielerisch und auch paedagogisch wichtige Naturschutzgrundprinzipien vermitteln. Wir beschraenken uns aber nicht nur auf Laberei, sondern realisieren auch verschiedenste Projekte. Meist helfen wir dabei, Baeume zu pflanzen, den Schulhof zu saeubern oder Klassensaele zu streichen. Normalerweise geben wir aber nur den Anstoss und bringen somit den sprichwoertlichen Stein ins Rollen. Nebenbei kann ich noch viele Kinder und Jugendliche kennen lernen, die meist mehr an meinem Leben interessiert sind als an meinen erleuchtenden Worten. Das ist aber ok, weil ich so zum interkulturellen Austausch beitragen kann.

Des Weiteren hat Tierranuestra eine Unterabteilung namens Sonidos de la Tierra (spanisch fuer "Klaenge der Erde" oder auch "Weltweite Klaenge"), die es sich zur Aufgabe gemacht hat Strassenkindern klassische Musik naeherzubringen. Dafuer werden Spenden gesammelt, um Lehrer auszubilden, Fahrtkosten zu erstatten und auch Instrumente zu kaufen. Als waere das noch nicht genug, so gibt es eine weitere Besonderheit der Sonidos-Leute: Sie stellen sogar einige Instrumente aus Muell her. Und glaubt mir ich hab einige davon selbst ausprobiert. Sind fuer den Laien im Klang absolut nicht von den kostspieligen Originalen zu unterscheiden. Um zu verdeutlich wie kostspielig nehme ich immer wieder gerne den Vergleich einer Geige eines Jungen, dessen Haus weniger wert ist als sein Instrument.
Insgesamt gefaellt mir meine Arbeit sehr und muss auch sagen, dass meine Kollegen super sind. Oft waren sie mir eine Stuetze in schweren Zeiten, waehrend mich meine Gastfamilie nur abgestresst hat.
Apropos Familie...da gibts auch noch ne Riesenneuerung. Aber mehr davon naechste Woche, ihr Blogsuechtigen!

und keine Angst, jetzt werde ich wieder regelmaessig posten. Bald werdet ihr wissen weshalb!

euer Jan!

Saturday, November 14, 2009

ANHALTEN!!



Geneigte Leser,
Wieder einmal ist es an der Zeit euch etwas ueber eine fremde Kultur beizubringen und ein wenig den Schleier der Ignoranz zu lueften. Mir ist durchaus bewusst, dass ich noch ueber meine Arbeit schreiben sollte, aber das werde ich bei Gelegenheit auch noch tun, keine Sorge.
Heute jedoch moechte ich ein euch an anderes Thema naeherbringen:

Das oeffentliche Bussystem

Es mag euch zunaechst trivial erscheinen, diesem scheinbar unwichtigen Aspekt einen eigenen Bericht zu widmen, aber glaubt mir, es lohnt sich.
Am besten fange ich mit der prinzipiellen Struktur des Omnibussystems hier an und vergleiche sie mit der in Deutschland. Ihr alle wisst, wie es bei uns daheim ablaeuft: Man hat an der Bushalte eine Tabelle, die genau angibt, welche Linie wann abfaehrt und in welchem Ort sie zu gegebener Zeit sein wird. In meiner Nachbarschaft, ihr wisst, ich lebe eher rural, fahren am Tag etwa drei bis vier Busse, die mich in die naechst groessere Ortschaft bringen. Entsprechend wichtig ist es da auf die Minute genau zu planen, wie ich rechtzeitig an die Haltestelle komme. Einsteigend, wird dann erst mal berappt und dank den steigenden Oelpreisen auch nicht zu knapp. Dafuer kann ich mich anschliessend bequem auf einen gepolsterten, wenn auch uebel staubigen Sitz niederlassen und erstmal tagtraeumend die Seele baumeln lassen.

Das war Deutschland.

Jetzt ist Schluss damit. Wir sind hier in Suedamerika, meine Lieben. Zack Zack, sag ich da nur! Da ich in der Hauptstadt Asunción wohnhaft bin, gelten sicher nochmal andere Parameter als fuer den grossen Rest Paraguays. Dennoch ist es sehr denkwuerdig, wie hier der Hase laeuft.
Es fahren staendig und ueberall Busse. Sie fahren sehr schnell, sie fahren sehr laut und sie fahren ganz sicher ohne Katalysator. Moechte man sich fuer Karneval beispielsweise als Afro-Amerikaner verkleiden, braucht man sich bloss mal kurz vor den Auspuff eines dieser blechernen Ungetueme stellen.
Es gibt mindestens 50 verschiedene Linien, die auch oft nicht nur in Asunción unterwegs sind, sondern meist auch in nahe gelegenen Vororten verkehren. Interessant ist auch, dass nirgendwo angegeben wird, wann oder vor allem auch WOHIN welche Linie eigentlich faehrt. Aufgrund dieses Mangels an Informationen, bin ich den ersten Monat auch komplett ohne die Benutzung eines “colectivos” ausgekommen. Da ich mittlerweile, aber ca. 15 minuten Busfahrt von meiner Arbeitsstelle entfernt wohne, beschloss ich, dann doch regelmaessig mit dem Bus zu fahren. Es war faszinierend!
Doch davon gleich mehr. Als ich Carlito, meinen Kollegen fragte, wie er es denn gelernt habe, meinte er grinsend: “Tenés que probar!” (Musste halt versuchen!). Tatsaechlich bin ich auch schon des Oefteren mitten auf meiner Reise ausgesprungen (nicht geSTIEGEN!), weil die Busfahrt ploetzlich eine ungewoehnliche Wendung nahm. Einmal hat der Bus sogar 10m nach Einstieg einfach die Fahrtrichtung um 180 Grad gaendert. Da ich nicht als Trottel dastehen wollte, fuhr ich etwa 30 Sekunden ruhig sitzend mit. Danach musste ich dann denselben Weg zur Bushaltestelle noch einmal gehen. Aber ich habs gelassen gesehen. So wie alle anderen auch. Aufregen bringt halt einfach nichts!

Wenn man nun dieses oeffentliche Verkehrsmittel fuer sich zu nutzen gedenkt, folgt man am besten folgendem Schema:

1. An eine Strassenecke stellen und warten. Steht man in der Mitte eines Blocks, kann es durchaus sein, dass der Fahrer diese Art der Sittenlosigkeit mit Vorbeifahren straft.
2. Richtige Linie abwarten. Wenn man weiss, welche wohin faehrt ist der Kampf schon halb gewonnen.
3. Bus kommt -> Arm, Bein oder sonstige Extremitaet ausstrecken um zu signalisieren, dass man mitfahren moechte. Dies sollte moeglichst deutlich und vor allem rechtzeitig geschehen. Fairerweise muss ich sagen, dass die Busfahrer aber eigentlich immer anhalten, wenn sie einen potentiellen Passagier erblicken.
4. Aufspringen! Genau! Im Sinne von: den Arsch hochkriegen. Im Gegensatz zu deutschen Landen halten die Busse hier naemlich nicht an, sondern fahren nur etwas langsamer. Meistens faehrt er auch schon los sobald man in der Tuer ist. Selbst bei Aelteren Leuten haelt er meistens nicht voellig an.
5. Bezahlen. Jede Fahrt, egal wohin, kostet immer denselben Festpreis: 2100 Guaranies. Das sind umgerechnet etwa 30 Cent. Nur wenn man in eine mehrere Kilometer entfernte Stadt faehrt, wird waehrend der Fahrt abgerechnet. Aber selbst nach Buenos Aires oder Rio de Janeiro, was etliche Stunden entfernt liegt, bezahlt man kaum mehr als 35 Euro.
Die Art des Bezahlens ist auch recht interessant. Man sollte das Kleingeld am Besten bereits abzaehlt griffbereit haben, um schnell einen Sitzplatz zu bekommen, ehe der Bus anfaengt gnadenlos zu beschleunigen. Bei Bedarf bekommt man aber auch Wechselgeld, das der Buslenker waehrend der Fahrt gemaechlich aus seiner Kasse hervorkramt. Nach dem Motto “Kohle geht vor”, zaehlt er zunaechst seine Einnahmen, bevor er den Gegenverkehr zur Kenntnis nimmt.
6. Hinsetzen. Mein Lieblingsteil. Bei den meisten Bussen, die ich benutze gibt es immer so ein bescheuertes Drehkreuz, was meines Wissens nach wohl die Passagiere zaehlt. Es ist sehr schmal, im Gegensatz zu mir. Da ich des Uebrigen meistens einen Rucksack bei mir trage, muss ich mich oft quetschen.



So ist der ungefaehre Ablauf. Witzig ist auch immer wieder, in einen oeffentlichen Bus einzusteigen und zu wissen, dass sich so gut wie alle Koepfe nach diesem grossen Typen mit blondem Iro umdrehen, der etwa so paraguayisch ist wie der nordamerikanische SuperBowl. Mittlerweile hab ich mich aber dran gewoehnt und nehms gelassen.
Oft geschieht es auch, dass alle Plaetze belegt sind und man stehen muss. Das macht mir an sich auch gar nichts aus, da ich gerne stehe und man so die Bewegungen des colectivos auch viel besser abfedern kann. Ausserdem gibt es ueberall Haltemoeglichkeiten und durch meine hier ueberdurchschnittliche Groesse bin ich hier vor den diversen Koerpergeruechen etwas sicherer, da meine Nase buchstaeblich ueber den Dingen steht. Einzig stoeren mich, bei Ueberfuelltheit die Probleme des Aussteigens. Anfangs hatte ich keine Ahnung wie die Leute das eigentlich machen. Man stand dicht gedraengt nebeneinander und das Ziel rueckte immer naeher.
Als dann einmal Panik in mir hochstieg, wollte ich mit einem laessigen “permiso” (Verzeihung) aufstehen. Zu meiner Bestuerzung sah ich, dass man fuer mich nicht aus dem Weg ging. Na toll! Ich drueckte mich dann schliesslich durch und wollte, schon halb aufgestanden, nach dem an der Decke angebrachten Haltegriff greifen, als der Bus ploetzlich schneller wurde und ich nach hinten geschleudert wurde. Gluecklicherweise wurde mein schwebendes Hinterteil vom Gesicht einer Frau gebremst, die neben mir sass. Stabilisiert setzte ich also meinen Weg fort. Vorsichtshalber drueckte ich mich dann schnell durch die Menge, um moeglichen Konsequenzen zu entwischen. Ich glaube sie rief mir erzuernt noch etwas hinterher, aber an dieser Stelle war ich zum ersten Mal froh, dass mein Spanisch noch nicht so gut war.
Bemerkenswert sind auch die illustren Gestalten, die in regelmaessigen Abstaenden in die colectivos kommen, um den naiven Passagieren ihr Geld aus den Rippen zu leiern. Meist sind es kleine Kinder mit deutlich dunklerer Hautfarbe als der Durchschnittsparaguayer. Ihr staerker pigmentierter Teint unterscheidet sie von den Mestizen und weist sie als Angehoerige der immer weiter vertriebenen Guaraní-Indianer aus. Sie gehen meist mit kleinen bedruckten Kaertchen umher, die sie verteilen und dann Geld dafuer fordern. Manchmal hatte ich auch das Pech, dass sie anfangen zu singen. Einmal hat sich ein Junge in den leeren Sitz vor mir gekniet und mich dabei angestarrt und in einer mir voellig fremden Sprache gesungen. So schlecht wie er gekraechzt hat, kann ich nur annehmen, dass er einfach eine kostenlose Ueberfahrt erschnorren wollte.
Manchmal sind die Verkaeufer aber auch ganz unterhaltsam und spielen gekonnt Saxophon, Panfloete oder Gitarre. Die sind dann schon eine kleine Spende wert.
Auch kommen immer wieder Verkaeufer mit Getraenken, Kaugummis oder auch Haarspangen herein, die immer wieder auf ein paar willige Kaeufer stossen.
Man haelt den Bus uebrigens an, indem man an einer Schnur an der Decke zieht oder einen Knopf am Ausgang betaetigt. Erst letzte Woche funktionierten diese Mechanismen allerdings einmal nicht. Zum Glueck pfiff jemand laut und der Bus kam zum stehen.
Erzaehlenswert ist auch, dass ich einmal, weil ich vorne sass und hinten so viele Leute dicht gedraengt standen, durch den Einstieg des Busses aussteigen wollte. Dazu musste ich aber vorher ueber das Drehkreuz springen. Ich kam gerade vom Fitnessstudio und war noch richtig aufgepumpt und wollte wieder mal einen coolen Abgang machen. Ich stand also auf, hielt mich an der Halterung ueber mir fest und zog mich hoch. Der Teil klappte gut. Dann schwang ich mich nach vorn und ueberschaetze dummerweise meine Kraft, sodas ich fast fliegend nach vorne geschleudert wurde. Beim Aufkommen trat ich dann glaub ich noch auf den Zeh einer aelteren Dame und hing zudem mit einem Baendel meines Rucksacks am Drehkreuz fest. Als ich dann endlich ganz an der Tuer war, bemerkte ich, dass ich vergessen hatte an der Schnur zu ziehen und kam auch von dort nicht mehr dran. Die Dame hinter mir bat ich lieber nicht um Hilfe. Also musste ich noch warten bis der Wagen endlich anhielt und beschaemt aussteigen. Aber egal, ich werde weiter an meiner Technik feilen und mich zum absoluten Busexperten mausern!


Bis naechste Woche, ihr Knallkoeppe!

Hinterlasst mir mehr Kommentare!! Nicht bloss Lars! ;-)

Saturday, November 7, 2009

3 Monate - kurze Summa Summarum

Hallo liebe Leser,

wie ihr an der Ueberschrift erkennen koennt, sind nunmehr drei Monate vergangen, seitdem ich hier in Paraguay angekommen bin. Viele Dinge sind geschehen, von denen ich nur einige hier aufgezaehlt habe, von denen aber auch noch einige folgen werden.
Um euch nicht zu langweilen, werde ich in aller Kuerze fuenf positive und ebenso viele negative Attribute meines Lebens hier erwaehnen.

Negativ:

1. Das Vermissen der wichtigsten Personen meines Lebens in meiner Heimat (vor allem meinem Schatz Janine!)
2. Kein gescheites Brot!
3. Ungeziefer in der Kueche
4. Intoleranz gegenueber Diaet
5. Hitzewellen

Positiv:

1. Warme Naechte ohne Angst vor Kaelte
2. Eisgekuehlter, erfrischender tereré
3. Meine Arbeit und meine wundervollen und zuvorkommenden Kollegen
4. Die fast allgegenwaertigen Dauertiefpreise.
5. Das Zusammenkommen und der Austausch mit anderen Freiwilligen aus der ganzen Welt



Auf dem Bild tragen Dwayne, ein belgischer Austauschschueler, der mindestens fuenf Sprachen fliessend spricht, und ich eine Besucherin aus Alaska zu ihrem "Thron", gemaess dem Motto: "Asche zu Asche, Muell zu Muell"! Spass... War aber ein lustiger Abend und soll untermalen, wie wichtig solche interkulturellen Begegnungen fuer eine Horizonterweiterung doch sind!

So Leute, dass wars auch schon! Wenn ihr etwas nicht nachvollziehen koennt oder mir zustimmen wollt! Kommentare sind immer willkommen! ;-)

Monday, October 26, 2009

Schrecklichste Party. Ever! Fortsetzung!

Das ging schnell, oder? Haettet ihr die naechste Ausgabe so bald erwartet? Nun ja, ich auch nicht, aber man weiss ja nie, was das Leben so an Ueberraschungen fuer einen parat haelt.
Um damit nahtlos an meinen letzten Post anzuschliessen, moechte ich an dieser Stelle jene positive Ueberraschung auf der fuer mich sonst unterirdisch verlaufenen Party beschreiben.
Gluecklicherweise gab es einen Verwandten, in welcher Beziehung zu meiner Gastfamilie er genau steht weiss ich wie immer nicht, der sich tatsaechlich Muehe gab, mich etwas ins Geschehen mit einzubeziehen. Sonst eigentlich ein Spassvogel schien er als Einziger meine unglueckliche Situation erkannt zu haben und setzte sich neben mich. An den Kindertisch wohlgemerkt. Ausserdem reichte er mir Speisen, die zu weit fuer mich wegstanden und unterhielt sich mit mir. Zwar musste ich mir Fragen wie “Warum willst du denn nicht fuer immer hierbleiben?” oder “In Deutschland gibt es kein Fleisch, oder?” anhoeren, aber das war schon ok, da dadurch wenigstens ein Gespraech in Gang kam.
Lustig, gerade jetzt, waehrend ich dies schreibe, kommt mir erstmals der Gedanke, dass das vielleicht sogar Kalkuel war und er absichtlich derart provokante Fragen gestellt hat. Hm, Blog-Verfassen hat tatsaechlich viele Vorteile.
Wie dem auch sei, natuerlich konnte er nicht die ganze Zeit bei mir sitzen bleiben, da ihn staendig andere Leute ansprachen. Klar, so jemand ist natuerlich beliebt. Nur eine Sache veraergert mich heute noch und laesst mich im Zweifel ueber die wahre Natur bestimmter Personen. Warum? Nun ja, zu fortgeschrittener Stunde, das Essen war bereits konsumiert und dementsprechend hatte ich keine (Alibi-) Beschaeftigung mehr, sass mein Verwandter noch bei mir und wir erzaehlten als ihn ploetzlich jemand zu sich rief: Natuerlich meine erste Gastmutter, auch ihre Eminenz Impertinenz genannt. Da frage ich mich doch wirklich: Hasst mich diese Person und moechte sie mich einfach leiden sehen? Oder ist sie schlicht so ignorant, dass sie meine Situation nicht versteht? Besonders, da sie doch wollte, dass ich mit Leuten Konversation treibe. Das muss ja nicht unbedingt mit den drei stummen Futtersilos sein, oder? Gluecklicherweise blieb mein Gespraechspartner aber noch sitzen, auch nachdem sie ihn mehrmals aufforderte.
Ich war ihm so dankbar und wirklich geruehrt.
An diesem Abend hab ich mir eins geschworen. Falls ich jemals in die Position komme, einen Austauschschueler oder jemand, aus welchen Gruenden auch immer, Isolierten in einer mir vertrauten Gesellschaft zu erkennen, werde ich alles Erdenkliche tun, um dieser Person zumindest ein wenig die Situation zu erleichtern. Niemals will wie meine erste Gastfamilie sein. Und immens ist nun noch mehr mein Respekt vor Personen, die sich den Einsamen erbarmen, obwohl sie eigentlich keine Obligation haben, sich irgendwelche Muehen zu machen.
Ich gebe zu, und das werden mir sicher viele Menschen attestieren, dass ich oft ein egozentrisches Arschloch bin. Jemand, der seine eigenen Prioritaeten vor die anderer stellt. Jemand, der sich nicht um eventuell fuer andere resultierende Konsequenzen kuemmert. Jemand, es schmerzt mich es auszusprechen, aber jemand, wie meine erste Gastfamilie. Zugegeben, diese aggressive Einstellung hat mir oft das beschafft, was ich brauchte oder wollte. Ich zweifle auch nicht im Geringsten daran, dass es genau das ist, was man braucht, um in der heutigen Geschaeftswelt an der Spitze zu bleiben. Aber was ist mit dem privaten Leben? Laesst sich der Charakter einfach so von jetzt auf gleich umstellen, wie ein Radio- oder Fernsehprogramm? Kann man Familie und Freunde so einfach anders behandeln als Personal oder Widersacher?
Meine leibliche Mutter gab mir diesbezueglich einen wunderbaren Ratschlag mit auf den Weg, um zu vermeiden, dass ich ohne ihre herzliche Praesenz noch mehr in Richtung Egomanie abdrifte. Jenen Spruch nahm und nehme ich mir sehr zu Herzen und versuche, ihn meinen Moeglichkeiten entsprechend in die Tat umzusetzen:

“Trainiere nicht nur deinen Verstand und deine Muskeln, sondern auch dein Herz!”

Ich denke, jemand wie ich muss erst selbst lernen wie bitter sein eigenes Gift schmeckt, bevor ihn eine ebenso bittere Medizin davon erloesen kann.
Daher bin ich, auch wenn es bizarr und widerspruechlich klingen mag, in einem kleinen und sehr stummen Teil von mir, den Menschen dankbar, die durch ihr unmoegliches Benehmen mein manchmal ebenso scheussliches Verhalten reflektieren und mir in einem Zerrspiegel spoettisch vor die Nase halten, wie ich wohl auf andere Menschen wirke.
Habt Dank eure Eminenz und hab auch Dank AFS fuer die Ermoeglichung dieser Erfahrungen, denn ihr beide bringt mir auf die harte Tour bei, dass ich nicht das Zentrum und der Omphalos der Welt bin. Und natuerlich Danke an meine Mama fuer ihre wunderbare und aufrichtige Botschaft.

Hier begreife ich wieder einmal, dass es einfach Dinge gibt, die man nicht in Schulen, aus Buechern oder an Unis lernen kann.
Meine Lehrmeister heissen momentan Mutter Natur, Vater Zeit und Tochter Chaos!

Hoffentlich blaeuen sie diesem verwoehnten Balg endlich mal ein paar Manieren ein!


Bis naechste Mal, ihr Wissensdurstigen!

Vergesst nicht meinen Link an Bekannte weiterzuschicken und Kommentare zu hinterlassen. Es wuerde mich echt freuen!

Die schrecklichste Party. Ever!

Liebe Freunde,

Wenn ihr dies hier lest, seid ihr wohl wieder einmal auf meiner Seite, um zu sehen, was es Neues gibt. Zwingende Logik, klar. Aber ich frage mich doch hin und wieder, was genau uns dazu treibt, das zu tun, was wir tun. Geschieht wirklich alles aus gaenzlich freiem Willen? Gibt es so etwas wie freien Willen ueberhaupt? Was hat dich, lieber Leser, beispielsweise heute dazu bewegt diese Seite aufzurufen? Nun, ich koennte mir einige Gruende vorstellen. Du siehst es zum Beispiel als Pflicht an, dir meine neuesten Geschichten anzuhoeren. Das waere fuer mich jedoch ein durchaus suboptimaler Befund, da ich dich keinesfalls an meine Aufschriebe binden moechte. Eine regelmaessige Taetigkeit, die einem durch Zwaenge, seien sie offen oder latent, aufgedraengt wird, ohne, dass man sie schaetzt, wird einem fast immer zu einer verhassten Last. Paradebeispiele: Schule, Job, Ehe.
Doch so muss es nicht sein. Vielleicht hast du gerade auch nichts anderes zu tun und willst mal sehen, was dein alter Bekannter/Freund/Feind Jan so treibt. Mit Genugtuung verfolgst du vielleicht meine schweren Momente, mit Eifersucht begegnest du moeglicherweise meinen Erfolgen. Oder du siehst mich gar als eine Art Lehrmeister, der fuer dich die Steine aus dem Feuer holt, sprich Erfahrungen fuer dich macht, von denen du moeglicherweise aus zweiter Hand profitieren kannst. Im Englischen gibt es hierfuer einen sehr passenden Begriff, der gleichzeitig auch der Name eines “Tool” Songs ist: “Vicarious”. Auch mir war dieser zugegeben rare Begriff nicht bekannt und es brauchte mehrere Romane, in denen das Wort zufaellig passend angewandt war, bis ich ihn wirklich verstand. Er bedeutet, dass man etwas durch einen Mittler erlebt, also etwas durchlebt ohne es in Person selbst erlebt zu haben. Ich benutze jetzt mal den genialen Einsatz Raymond Khourys in seinem Bestseller “The Last Templar”, in dem der gealterte und lange verheiratete Polizist X sein Sexleben dadurch “vicariously” aufrecht erhaelt, indem ihm sein noch lediger und juengerer Kollege stets von dessen wilden Abenteuern berichtet. Von ganzem Herzen wuensche ich mir, dass ich euch auch so ein Mittelsman sein kann. Wenn auch auf anderem Terrain als besagter Detective. Selbst wenn viele von euch nur meine Bilder ansehen, so hoffe ich doch, dass ich ein paar von euch informativ und kreativ bereichern kann.
Wie dem auch sei und was deine Intentionen auch sein moegen, lieber Leser, herzlich willkommen auf meiner Seite. Geniess deine Zeit hier und lass mir einen Kommentar da!
Los gehts!
Diesmal habe ich mir vorgenommen etwas weniger zu schreiben und dafuer oefter zu posten. Mal sehen, ob das auch so hinhaut.
Berichten moechte ich euch heute von einem eher tristen Ereignis, einer Familienfeier. Zunaechst stellen wir uns noch einmal die Frage, warum es solche festlichen Gelage ueberhaupt gibt? Richtig: um froehlich beisammen zu sein.
Manch einer mag sich jetzt denken: “Ja und was hast du jetzt schon wieder daran auszusetzen, du verklemmter Misanthrop mit chronischem Stock-im-…(ihr wisst schon) !? Sag doch einfach, auf was du hinauswillst!!”
Also, geneigter Leser, ich moechte nur noch einmal klarstellen, was dieser Begriff eigentlich beschreibt. Fuer mich war es, gelinde gesagt, das absolute Gegenteil.
Es fing eigentlich ganz gut an. Meine zwei Gastschwestern, meine Gastmutter und ich fuhren gegen 8 abends los zu einem der wenigen exklusiven Sportclubs hier in Asunción. Dieses bisschen Luxus tat mir nach einer harten Arbeitswoche ganz gut, wobei ich nicht wie manche von mir verhassten Schnoesel klingen moechte und verkuende, dass ich mir dies “auch redlich verdient” haette. Dennoch wars anfangs ganz nett. Wir hatten einen Tisch in einem der integrierten Restaurants reserviert. Bald sah ich allerdings mit pessimistischen Blick, dass der Tisch laenger war als die Tennisplaetze ausserhalb. Das hiess wieder einen Haufen Leute kennen lernen, dumm grinsen bis zur Gesichtsspastik, Haende schuetteln, aufstehen und sich wieder setzen, hundert mal nachfragen, weil man das genuschelte Spanisch wieder nicht verstanden hat etc. Ihr koennts euch denken. Des Weiteren muss man sich etliche Namen merken, nur um sie gleich danach wieder zu vergessen und die Person dann doch wieder mit “Pablo” oder “Maria” anzusprechen. Dazu kommt kommt dann immer noch meine Lieblingsfrage: “¿De cual parte de Alemania sos? (“Aus welchem Teil Deutschlands stammst du?”) Enervierend daran ist naemlich, dass die meisten Deutschland nicht mal auf der Weltkarte finden wuerden, geschweige denn Staedtenamen kennen. Aber gut, dass ist eigentlich nicht weiter schlimm und passiert mir, wenn auch weniger intensiv, fast taeglich. Zu meiner negativen Stimmung beigetragen haben hauptsaechlich folgende Dinge:
1. Meine vorherige Gastfamilie war leider natuerlich auch eingeladen. Wie ich vielleicht schon angedeutet hatte, war die Freude nicht auf meiner Seite. Eher die Motive “Ekel und Abscheu”, die mich unweigerlich an “Homo Faber” erinnern. (An dieser Stelle sei mein Parallelkurs Deutsch bei Herrn Rose gegruesst.)Besonders meine erste Gastmutter hat ihrem Ruf als “Eminenz Impertinenz” wieder alle Ehre gemacht.
2.Meine Gastschwestern, einzige Nicht-“alte Leute” am Tisch waren die ganze Zeit unauffindbar verschwunden.
3.Ich musste am Kindertisch sitzen. Haha, lustig, ich weiss. Fand ich aber nicht. Ich hatte wunderbar an einer Ecke gesessen und mit zwei netten Verwandten geplaudert als es hiess ich soll an den Kindertisch. Wer mir das befohlen hat? Jedenfalls nicht meine jetztige Gastmutter, die als einziges Mitglied des Clubs alle eingeladen hat. Sie hatte mir sogar gesagt, ich koenne sitzen bleiben. Nein, es war ihre Schwester, ihre “Eminenz”. Mann, war ich angepisst und bins heute noch, wenn ich dran denke. Es war einfach ein runder kleiner Abstelltisch, der nur wie ein Wurmfortsatz am eigentlichen Tisch angebracht war. Cool war auch, dass ich ganz alleine da sitzen durfte. Ach ja, man meinte es ja so gut mit mir! Erste Gastmutter hat mich noch schoen wohlwollend angelaechelt. Das Schlimme daran ist, dass sie vermutlich noch denkt, sie tut mir einen Gefallen, damit ich mir nicht mit andern Leuten die Zeit vertreiben muss, sondern alleine weit weg hocke. Klar, deswegen bekommen manche Straftaeter auch Einzelhaft, weil sie sich so gut benommen haben. Schliess mich ruhig aus. Oh und nein danke, du brauchst mir keine Kruemel aufzuheben. Ich hab ja schon meinen tollen Sitzplatz, da brauchst du mich nicht noch maesten, sonst wird mein Arsch noch so fett wie deiner und ich muss im Bus zwei Sitze bezahlen.
Apropos fett, ganz allein war ich dann doch nicht. Nach etwa einer Stunde Solositzen kamen dann noch drei juengere Verwandte hinzu, die zusammen wohl das Gewicht eines Kleinwagens aufbringen duerften. Nach bedrohlichem Knarzen liessen sie sich dann auf den, anscheinend titaniumverstaerkten, Stuehlen nieder, um sich dann gleich ueber saemtliche zuckerhaltigen Getraenke in greifbarer Naehe herzumachen. Sie wurden mir namentlich kurz vorgestellt, ignorierten mich dann aber gleich wieder. So hab ichs gern. Dadurch wurde mir meine Einsamkeit nur noch mehr bewusst. Ich stellte dann zwar ab und zu immer mal wieder ein paar Fragen, jedoch verlief jedes Gespraech recht schnell im Sande. Daher wandte ich mich meinem Handy zu und spielte ein integriertes Minispiel, was mich auch recht gut unterhielt. Kurze Zeit spaeter merkte ich allerdings, dass man sich weiter oben, am “Erwachsenentisch” oder von mir auch liebevoll Arthritis-Gilde genannt, besorgt ueber mich unterhielt. “Was macht er denn?” – “Ach, er spielt mit seinem Handy. Hm, er spricht ja gar nicht mit [Pablo , Paco, Maria – was weiss ich?!]” – “Was ist nur los mit ihm”.
Als ich dann aufsah, brach ihre Eminenz schnell das Gespraech ab bzw. wechselte bewusst in das mir unverstaendliche Guaraní. Ratte! Dann kam wieder mit einem zuckersuessen Laecheln der Aufruf, ich solle mit “Dick, Dumm und Duemmer” doch ins Gespraech kommen. Gut, dass das jeder am Tisch hoeren konnte und sich prompt umdrehte und mich neugierig musterte. Manche Leute beschreiben mich als kontrolliert, sogar kuehl bei Zeiten, aber selbst mir ist sowas natuerlich extrem unangenehm. Versteht ihr, vielleicht jetzt, warum ich mich einfach nicht wohl gefuehlt habe? Des Weiteren hatte ich niemanden zum Reden waehrend die meisten anderen einen Riesenspass hatten. Gott, ich hab mich so ausgeschlossen gefuehlt und das war und ist wirklich hart. Mit Grauen sehe ich den kommenden “Familienfeiern” entgegen. Dabei bin ich noch gar nicht so lange hier. Wobei ich sagen muss, dass mich eine kleine Sache, neben dem zugegeben vorzueglichen Essen, doch etwas aufgemuntert hat.

Doch davon mehr naechstes Mal, liebe Freunde.

Saturday, October 10, 2009

Schnauze voll!

So Leute,

kurzes Update! Heut wollt ich grad raus ausm Haus auf die Arbeit (wie fast immer, erst um 12 Uhr mittags), als ich das Lustigste seit langem sah:

Unser kleiner Hund, Yankee, eine Mischung aus Pudel und ... naja keine Ahnung, vielleicht Ratte (?) ist im Moment staendig spitz. Unsere Schaeferhuendin, Pepi, ist ungefaehr 4 mal so gross und im Moment wahrscheinlich auch laeufig. Wie Weibchen halt manchmal so sind, ne?! Auf jeden Fall wollte ich grade gehen, als ich sah, dass Pepi ein Bein von Yankee fast komplett im Maul hatte. Eine kurze Schrecksekunde war ich als bekennender Pazifist geradezu schockiert. Dann fiel es mir aber wie Schuppen von den Haaren:

DER KLEINE RAMMELTE MIT GANZER KRAFT AUF DEN KOPF DER HILFLOSEN SCHAEFERHUENDIN EIN!

Auch als diese aufstand und sich schuettelte, konnte sie den Triebtaeter fuer Arme nicht loswerden. Schliesslich kam dann eine der Hausangestellten zur Hilfe, aber da war es schon zu spaet: Pepi hatte jetzt echt die Schnauze voll!

Monday, October 5, 2009

Los cuentos fluorescentes y fenomenales del General Jan

Liebe Freunde,

es hat mal wieder gedauert. Natuerlich. Wie koennte es anders sein? Auch diesmal erbitte ich Absolution von euch. Ich hoffe ihr koennt sie mir gewaehren. Natuerlich nicht umsonst, sondern im fairen Tausch gegen einige "schillernde und grossartige" Geschichten meinerseits, die ich euch anbieten moechte. Wenn ihr ein paar Minuten Zeit habt, kann ich euch dabei helfen, fuer ein wenig die kleine Welt des monotonen Alltagslebens zu verlassen und mit mir auf Reisen zu gehen. Auf Reisen in die grosse Welt, wie es einst der Teufel mit Goethes Faust tat. Lasst mich euer Mephisto sein, der euch die grosse Welt naeherbringt. Der Schelm, der halb teuflisch, halb untertaenig den Gebildeten an der Nase herumfuehrt und gleichzeitig Einblicke gewaehrt, die ohne ihn vielleicht fuer immer in der Dunkelheit blieben. Daher, wenn es euch deucht gewappnet zu sein, kommt mit. Es gibt viel zu erzaehlen. Oder wie es Sony einmal bei einer Playstation-Werbung treffender kaum haette ausdruecken koennen:


KOMM UND BRING DEINEM HIRN DAS FLIEGEN BEI!


Zunaechst schulde ich euch natuerlich noch eine kleine Erklaerung bezueglich meiner neuen Gastfamilie. Ich habe einige Feedbacks bekommen, die andeuten, dass es sich nicht gehoere an einem derart wichtigen Punkt aufzuhoeren zu berichten und auf das naechste Mal zu vertroesten. Ein berechtigter Einwand und wuerde es mich interessieren, haette ich sicher auch darueber nachgedacht. Fakt ist allerdings, dass mich unbedachte Aussagen wie diese nur peripher tangieren. Aus strategischen Gruenden muss ich ja noch etwas Brennstoff lagern, damit die Leute einen Grund haben in der folgenden Woche ebenfalls vorbeizuschauen.
Um nun also in medias res zu gehen, kann ich sagen, dass sich meine Situation extrem gebessert hat. Letztes Mal hab ich ja schon anklingen lassen, dass ich eher ungluecklich bei meiner ersten Familie war. Gluecklicherweise ist meine jetztige Gastmutter Betty oder auch schlicht "mamá" nicht aus dem selben Holz geschnitzt wie ihre beiden Schwestern. Vielleicht hat sie aber auch einfach nen anderen Vater. Scheint hier oefter vorzukommen. Sie ist Angestellte bei einem Kraftwerk namens Itaipu, das hier in Paraguay Marktfuehrer ist. Im Sueden des Landes befindet sich uebrigens das groesste Wasserkraftwerk weltweit. Das heisst, es war fuehrend bis es 2007 vom chinesischen Drei-Schluchten-Staudamm abgeloest wurde. Fragt sich bloss, wo die werten Reis-Enthusiasten die Bauplaene herhatten...
Doch zurueck zum Thema. Des Weiteren ist meine Gastmutter eine Vertretung der Mate-Fraktion hier in Paraguay. Waehrend das Nationalgetraenk natuerlich der "terere" ist, gibt es dennoch viele Fans des Matetees. Das ist einfach die erhitzte Version. Mir persoenlich schmeckt es nicht so sehr und Wikipedia sagt auch, dass er angeblich Rachen- bzw. Halskrebs verursachen kann, da das heisse Wasser die lokale Zellsynthese negativ beeinflusse. Auf der anderen Seite muessten man dann ja aber auch saemtlichen anderen Tee und Kaffee verbieten. Trotzdem, ich lass einfach meine Haende weg. Heisse Getraenke waren noch nie mein Ding
Mein Gastvater auf der anderen Seite ist Vizepraesident eines Sportparks im Stadtteil Sajonia (spanisch fuer Sachsen). Er verrichtet dort administrative Arbeit, hiess es. Das habe ich aber auch erst gestern erfahren, als er meinem Mitzivi Nic, der dort Fussball spielt, seine Karte gab und meinte, dass er ihn bei jeglichen Problemen dort nur anrufen brauche. Scheint also nicht ganz ohne Einfluss zu sein hier. Das spiegelt sich, wie letztens schon angedeutet, in unserem Domizil wider. Ein schoenes und grosses Haus mit viel Komfort. Nicht unbedingt das, was man in einem Schwellenland erwarten wuerde, aber andererseits, wer bin ich, dass ich die Welt kenne? Jedenfalls geht es mir hier sehr gut und ich brauche mich auch nicht mehr jeden Tag darum sorgen wie ich heute wohl satt werden soll. In meinem vorherigen Zuhause musste ich mein Taschengeld knallhart kalkulieren, um ueber die Runden zu kommen, weil die Mahlzeiten daheim eher sporadisch ausfielen. Wir haben auch zwei Vollzeitangestellte, die alle Hausarbeiten verrichten. Kochen, Waschen oder gar Aufraeumen liegt hier also nicht in meinem Aufgabengebiet. Schade! Interessant ist auch, dass mein Gastpapa Martin etwas Deutsch spricht. So wie ich das verstanden habe, sind seine Grosseltern vor langer Zeit nach Argentinien eingewandert und von dort ist er dann wohl irgendwie nach Paraguay gedriftet. Ausserdem gabs noch zwei Schwestern (Veronica,13 + Karen, 16) und einen Bruder (Konny, 19) mit in der Familienpackung. Alle sind im offentsichtlich Teenagealter und dementsprechend komm ich mit ihnen auch sehr gut zurecht. Meine Gastschwestern spielen beide Handball und wenn sie mal ein Spiel oder Training haben, nimmt mich meine Gastmutter meistens mit, um mich den Familien der anderen Spieler vorzustellen. Mein Gastbruder hingegen hat letztes Jahr seine Oberschulreife erhalten und ist jetzt semi-professioneller Fussballspieler. Auf Studieren hat er im Moment also anscheinend keine Lust. Um seine draengende Mutter zufriedenzustellen, hat er sich allerdings an einem Englischkurs eingeschrieben und praesentiert mir immer stolz seine neuesten Vokabeln. Das stresst mich zwar sehr, aber ich glaube ich bin da nicht anders mit meinem Spanisch oder Guaraní.
Wie dem auch sei, mir gehts hier jedenfalls super. Nur grad eben wars etwas bloed, weil ich aufs Klo wollte und die Alarmanlage ausgeloest hab. Kam nich so prickelnd, weils schon halb 2 nachts is und die andern im Gegensatz zu mir nicht den Vormittag frei haben.
Apropos Freizeit. Jeder Mensch hat natuerlich so seine Hobbies. In meinem Falle ist das wie schon zuvor erwaehnt der "fisiculturismo" oder auch schlicht Fitness. Dementsprechend bin ich immer auf der Suche nach einer guten Muckibude. Da mein herzallerliebstes Akti, das mich treu durch die Oberstufe getragen hat nunmehr etliche Tage Fussmarsch entfernt liegt, musste ich mir also ein neues suchen, was ich ja auch schon direkt an Tag 3 gemacht hatte. Nach einem Monat hatte ich dann aber auch keinen Bock mehr drauf, weil es ein sehr schlechtes Preisleistungsverhaeltnis hatte. Etwa wie Tofu. Egal wie billig das Zeug is, man muss es ja danach doch wieder auskotzen, weils so ekelhaft ist. Verschwendetes Geld also. Nun gut, im Gegensatz zu geronnenem Sojaeiweiss hat mein FS wenigstens gute Trainer gehabt. Jetzt aber hab ich ein neues Fitnessstudio. Und lasst mich sagen, es ist geil. Gigageil sogar! So macht Pumpen noch richtig Spass. Es ist naemlich gekoppelt mit einem Muay Thai Dojo. Es wird also neben Muskelaufbau noch Kampfsport angeboten. Angeblich gibts auch noch Brazilian Jiu Jitsu. Hab mir das mal youtube angesehen. Scheint recht lahm zu sein. Daher bleib ich bei ersterem. Das Ganze kostet auch nur die Haelfte. Das Studio heisst uebrigens "Academia Lefebrve". Ja, das ist ein V nach dem R. Ja, das hat mich auch immer irriert. Nein, man spricht es nicht, es ist ein stiller Konsonant. Auf jeden Fall besitzt der Typ, Francisco Lefebrve, zwei Fitties in Asunción und ist sowas wie der paraguayanische Bruce Lee. Ein absoluter Fight-Gott. Hab ihn letztens mal getroffen, als er kurz im Studio war. Ist eigentlich fast nie da. Er wird wohl meistens unter einem Wasserfall sitzend Steine kauen. Auf jeden Fall sieht er dem Saenger von Rammstein verdammt aehnlich. Ist aber total nett und gibt alles beim Training seiner Schueler. Letztens hab ich meinen Ellbogen an einer Eisenstange gestossen, aber als ich mich umdrehte, sah ich, dass ich nur in seinen Finger gelaufen war.
Die Musik im Studio is auch hardcore. Egal, was laeuft, es ist immer volle Pulle aufgedreht, dass man die Schmerzschreie der Kaempfer nicht so deutlich hoert. Ne, im Ernst, das ist das erste Fitnessstudio in dem ich je war, das wirklich gute und laute Musik spielt und vor allem konstant. Das ist glaub ich auch mein zehntes, wenn ich mich recht entsinne und das fuenfte, in dem ich Mitglied bin.
Das Klientel ist auch recht interessant. Also vorab, es sind fast alles Jungs bzw. Maenner von hauptsaechlich 16-26. Fast alle sind taettowiert und was den Gebrauch androgener anaboler Steroide angeht, dazu hab ich folgende Geschichte: Da das Fitnessstudio recht klein ist, laeuft man sich eigentlich staendig ueber den Weg bzw. kommt ins Gespraech. So kam es in der zweiten Woche nach meiner Einschreibung, dass mich einer der Jungs beiseite rief (waehrend er aber laut quer durchs Studio schrie), um mir eine Phiole mit englischen Label zu zeigen. Er bat mich es zu uebersetzen, was ich dann auch gern fuer ihn tat. Ich erklaerte ihm, dass er da ein Anabolikum fuer Schlachtpferde in den Haenden hielt, das fuer Menschen nur marginal eingesetzt werden sollte. Das leuchtete ihm nicht ein, da er immerhin schon dafuer bezahlt hatte. Ich gab ihm dann die Dosierungen, die die Phiole empfahl. Als er schon seine Nadel holen wollte, musste ich ihn daran erinnern, dass er kein 250kg schwerer Hengst sei, sondern ein Holzkopf. Das erfreute ihn nicht. Da ich aber verhindern wollte, dass er irgendeinen Mist damit anstellte, suchte ich ihm aus einschlaegigen Quellen die passenden Dosierungen und moeglichen Nebenwirkungen heraus. Seitdem gruessen mich im FS alle und holen sich staendig Tipps bei mir ab.
Aber genug von der Staette des primitiven Koerperkultes und hin zur Kroenung, sprich dem Friseur. Jap, ich musste mal wieder Haare schneiden. Und ich war beim teuersten Friseur der ganzen Stadt. Wie viel ich bezahlt hab? 200,000 Guaraníes! Wie viel das in Euro ist? Hm, knapp 30! Also wie bereits erwaehnt, Asunción ist nach wie vor die zweitbilligste Hauptstadt der Welt. Und wo wir schon bei Fakten sind...Paraguay hat die weltweit 4. hoechste Rate an weiblichen Straeflingen. "Ich hoffe du magst sie feist!" ist ein bekannter Spruch, der Auslaendern immer wieder ans Herz gelegt wird. Ich fahr auch jeden Morgen am Frauenknast vorbei auf dem Weg zur Arbeit. Der Ort gilt als beruechtigt. Nicht nur, weil er direkt neben dem Friedhof gelegen ist.
Doch zurueck zu mir und meinen Haaren. Es lief alles cool. Schnitt geil. Billig. Hab sogar erfahren, dass der President von AFS alle vier Monate extra nach Paraguay fliegt, um sich hier stylen zu lassen. Geiler Scheiss! Hier gehoer ich hin, dacht ich mir! Naja, Hochmut kommt ja bekanntlich vor dem Fall. Ich hab mir meinen Mohawk (oder "Iro" wie mich manchmal einige Flachzangen in Deutschland unnoetig verbessert haben) mit blonden Straehnen pimpen lassen wollen. Wusste leider nicht, was Straehnen auf Spanisch heisst. Jetzt ist der Hahnenkamm jedenfalls komplett blond. Geht mir gar nicht mal so gut ab, weils aussieht, als haett mir jemand einen Sichelmond auf den Kopf geschnallt.
Dennoch konnte ich dem Friseur nicht allzu boese sein. Naechstes Mal plan ich das Ganze besser... Da ich jetzt uebrigens auch recht kurze Haare hab und das hier eigentlich nur die Polizisten und Militaers tragen, nennt mich meine Familie staendig "General Jan" (lies "Cheneráll Tscham". Man muss sie einfach moegen. Nur mein Gastbruder strapaziert das Ganze, weil er den Namen fuenfmal hintereinander laut ausruft und dann einfach weggeht.
Damit komme ich zum naechsten und fuer heute auch schon letzten Teil meiner epischen Saga: Letztes Wochenende.
Gut, es ist noch einiges dazwischen passiert, aber das ergaenz ich immer mal wieder sporadisch oder falls es mir wieder einfaellt.
Also, letzten Samstag haben wir, ein paar der Freiwilligen von AFS, uns getroffen, um mal etwas shoppen zu gehen. Stattdessen sind wir aber nur Eis essend rumgelaufen. Nach laengerem fruchtlosem Rumsitzen kamen wir dann aber an die Planung des Abends. Wir wollten uns erst bei Nic treffen, sind dann aber doch zu mir gegangen, weil mich mein Gastbruder drum gebeten hatte und die naechste Disko nur ca. 500m von unserm Haus entfernt liegt. Ich hab allen dann eine zugegeben recht unzureichende Wegbeschreibung gegeben, aber das war alles Kalkuel, da ich noch essen und duschen musste. Also alles planmaessig. Nic hat sich dummerweise einem angeblich ortskundigen Paraguayo im Bus anvertraut, ihm die "curva del muerte" (Todeskurve) zu zeigen, sobald sie sich dieser naeherten. Da er das aber nicht tat, musste Nic eine naechtliche Odyssee durchs Assiviertel auf sich nehmen und traf nur zufaellig auf Sylvie, die belgische Austauschschuelerin, die grade mit ihren Eltern eine Strasse auf dem Weg zu mir entlangfuhr. Glueck gehabt! Steffi und Julia haben die curva gleich gefunden und sind auch direkt zu mir gelaufen. Allerdings durch eine sehr gefaehrliche Strasse. Mir dessen voellig bewusst, entschied ich mich doch dagegen, die beiden vorzuwarnen. Ich mein, wenn was passiert, passierts eh und dann hat man nur noch unnoetig Angst vorher gehabt. Ausserdem wars mir zu viel Arbeit den sicheren Umweg zu erklaeren. Die beiden habens aber gecheckt, weil wohl auf dem Weg zu unserm Haus ein Auto neben sie ranfuhr, Scheiben runterkurbelte und "PELIGROSO, PELIGROSO" (dt. gefaehrlich) rief. Naja, sie sind ja angekommen.
Nach kurzem Chat mit meinen Gasteltern sind wir dann zusammen mit meinem Gastbruder und seiner Freundin auf zu einer Disko namens "Faces". Die Freundin meines Gastbruders - das is auch sone Sache. Sie hatte sehr kurze Sachen an und war auch stark geschminkt.

Kommentar Steffi, Julia :
Boah, was hattn dein Bruder sich da fuer ne Nutte angelacht?!

Kommentar Nic (bereits strack):
Uah, Alter, dein Bruder hat sich ja echt ne geile Praline aus der Schachtel geholt!

So viel dazu. Ich denk diese ambivalente Art der Diskussion ist uns allen nur zu gut bekannt. Wobei ich auch sagen muss, dass die Freundin nicht grad der Hammer war, rein optisch. Es zaehlen ja aber auch noch andere Dinge.

Weiter. Der Abend war ganz nett und verlief auch ohne groessere Events. In Erinnerung geblieben ist mir aber vor allem als Nic mich fragte, ob das Maedchen, mit dem er tanzte denn gut aussehe, da seine visuelle Kompetenz durch diverse kurzkettige Kohlenhydrate eingeschraenkt worden war.
Cool fand ich, dass ich meinen Friseur traf, der seinen Kumpels stolz sein neuestes Werk, mein Haupthaar, praesentierte. Ausserdem traf ich Diego aus Concepión dort. Krasser Zufall, oder? Einmal gesehen, 600km entfernt. Bamm!, gleiche Disko. Etwa wie wenn man jemanden in Berlin kennenlernt und in einer der zahllosen Kneipen in Muenchen trifft. Schon geil!

Aber ich denke, das wars jetzt erst einmal wieder mit super Stories und tollen Erzaehlungen.

Bevor ich mich ins Wochendende verabschiede, noch zwei Bitten, Leute:

1. SCHICKT DEN LINK WEITER! An Freunde, Bekannte, Verwandte, die Presse - egal!

2. Postet Comments, auch, wenn ihr mich vielleicht nicht so gut kennt! Ich freu mich immer. Ist echt extrem leicht! Einfach auf "comments" unter dem Eintrag klicken und was schreiben. Fertig!

Ich hab mir vorgenommen, dass ich ein Buch ueber meine Erlebnisse rausbringe, wenn ich +10,000 Seitenbesuche verzeichnen kann!

Also, ihr Krieger! Zeigt mir, was ihr koennt!

Und glaubt mir, je mehr Leute hier besuchen kommen, desto mehr Geschichten werde ich posten und desto besser werden sie sein.

iHasta pronto!

euer

Friday, September 25, 2009

So zwischendurch!

Heut is was Lustiges passiert, was ich vielleicht vergesse, wenn ichs nicht direkt poste und es so nur einige wenige am Telefon zufaellig von mir erfahren!

Auf dem Rueckweg von zwei Schulen fuhren meine Kollegen und ich durch einen belebten Stadtteil, auf dem sich viele obskure Gestalten tummeln. Eine davon war eine dicke Frau. Das allein ist noch nicht unbedingt bizarr, wenn auch auffallend. Aber was ich wirklich krass fand war, dass sie gerade aus einem Auto ausstieg und die Tuer mit ihrem Bauch zuschleuderte. Und ich meine nicht die Tuer zudruecken! Sie hat einfach ihre Huefte geschwungen und ihr Riesenei gegen das hilflose Blech knallen lassen, das dann nachgeben musste! Wenn da mal keine Beule drin war.
Vielleicht tue ich ihr auch Unrecht mit dem Uebergewicht und sie war einfach schwanger...waer aber halt noch dreister!!

¡nos vemos!

Sunday, September 20, 2009

Was lange währt, wird endlich gut!

Liebe Freunde des guten Geschmacks,

es freut mich euch wieder hier begruessen zu koennen, besonders, nachdem ich euch nunmehr zwei Wochen in der Luft habe baumeln lassen. Meine Verspaetung sei mir verziehen, aber das typische Mañana-Mañana Fieber hat mich einfach erfasst. Andererseits hatte ich aber auch extrem viel zu tun.
Sehr viel ist in den letzten zwei Wochen geschehen - Schoenes wie auch weniger Angenehmes.
Fangen wir einfach mal an. vorvorletztes Wochenende als ich gerade den letzten Eintrag verfasste, ging es mir beispielsweise eher bescheiden. Am Tag zuvor hatte ich wohl unbedacht gegessen und dementsprechend erst einmal mal kraeftig Urlaub an der Ruhr gemacht. All die Anti-Kotz und -durchfallpillen halfen da nicht viel. Eigentlich gar nichts. Aber wie heissts doch so schoen, besser raus als rein. Als ich dann abends eine SMS von meinem Kollegen bekam, ich solle am naechsten Morgen um 5:30 fuer einen Workshop bereitstehen, musste ich dann auch leider absagen.
Montags gings dann fuer drei Tage auf eine Freiluft-Ausstellung ins ca. 600km entfernte Concepcion, wo wir in Zusammenarbeit mit dem Mobilfunkriesen und Sponsor Tigo einen Stand hatten, an dem wir besuchenden Kindern den Umweltschutz nahelegten.
Dorthin begleitete ich meine beiden Kollegen Carlos, 26, und Nelson, 24, die beide total nett und hilfsbereit sind und dafuer gesorgt haben, dass der Trip einigermassen auszuhalten war. Eine Kleinstadt ist naemlich noch mal was anderes als Asuncion, auch wenn das allein schon eine krasse Umstellung fuer mich bedeutete. Die Hinfahrt war aber noch cool. Nur wir drei und nahezu unberuehrte Natur. Das Dumme war nur, dass die beiden voll auf traditionelle paraguayanische Musik abfahren. Am Anfang wars zwar ganz nett, aber irgendwann geht einem diese Gaucho-Volksmusik schon derb auf den Senkel. Eine wahre Freude war es dann fuer mich, als wir einmal kurz Radio hoerten und Madonna mit "Material Girl" lief. Es ist wirklich nicht einfach, komplett ohne Englisch oder Deutsch auszukommen, wenn man das nicht gewohnt ist. Jemand, der nie laengere Zeit im Ausland war, wird dies nur schwer nachvollziehen koennen, aber es ist wahr: Es kann wirklich wie Balsam sein, jemanden Deutsch, und fuer mich auch Englisch, reden zu hoeren. Ich wuensche euch allen, dass ihr diese Erfahrung einmal machen koennt. Da fuehlt man sich einfach wie in eine warme Decke in einer kalten Nacht eingehuellt. Ok, die spanische Sprache ist auch wunderschoen, aber fuer jemanden wie mich, mit einer geringen Sprachkompetenz hier, ist sie oft frustrierend. Auf jeden Fall wurde ich dann gebeten das Lied mal zu uebersetzen. Hab ich dann meinen Faehigkeiten auch entsprechend gemacht. "chica material" hiess es also und als es der Radiomoderator im Anschluss genauso uebersetzte und mich meine Kollegen mit einem ehrfuerchtigen Kopfnicken ansahen, war ich schon richtig stolz! Spaeter, es war schon dunkel, wurde dann ein Enrique Iglesias Album aufgelegt und die beiden haben ALLE Songs mitgesungen. Bei der spanischen Version von Hero, war ich dann auch am Start. Herrlich und das alles bei 32 Grad um 10 Uhr abends. Hier wird es naemlich immer schon so um 6 uhr dunkel und auch um 6 Uhr morgens wieder hell, da wir ja naeher am Aequator sind als Deutschland.
Genial war auch unsere Ankunft in Concepcion. Wir fuhren ueber eine ewig lange beleuchtete Bruecke in die Stadt. Mitten auf dem Weg meinte Carlos, mal anhalten zu muessen um eben Fotos zu machen. Entsprechend hielten wir direkt auf der vierspurigen Strasse und liefen ans Gelaender. Ich hatte meine Schuhe schon ausgezogen und bin in Socken ueber den noch warmen Asphalt gelaufen. Gerade als ich mir dachte, dass die mich wohl fuer bloed halten muessen, sah ich, dass Carlos sogar barfuss war, auch beim Autofahren. Gut, Verkehrsregeln sind ja auch nur was fuer die Fahrschule, in Suedamerika sowieso.
Wieder im Auto ist Nelson ploetzlich bei voller Fahrt aus dem Fenster gestiegen und hat sich halb rausgehangen um noch mehr Fotos zu machen. Total begeistert, hab ichs direkt nachgemacht und auch auf der Tuer sitzend lauthals unsere Ankunft in die Nacht verkuendet. Wir ham also beide halb aus dem Auto bei Tempo 70 rausgehangen und Enrique Iglesias gesungen. Das war auch ganz cool, aber ploetzlich kam dann noch ein dritter Kopf von der Fahrerseite raus. Jap genau, unser Fahrer hat sich bei voller Fahrt ausm Fenster gelehnt. Zu dritt sind wir dann also in die Stadt eingefallen...mit absolut freier Sicht.
Im Hotel angekommen gabs dann direkt die naechste Ueberraschung. Kein Bad vorhanden..oder doch? Im Zimmer waren auf den ersten Blick nur ein Schrank und
drei Betten. Die rechte Schranktuer allerdings hatte es in sich; naemlich das Bad. Kaum zu glauben, aber wahr. Man musste durch den Schrank und einen kurzen Gang laufen, um ins Bad zu kommen. Sehr geil, auch, wenn das Hotel sonst ueberteuert war.
Insgesamt liefs in diesen Tagen eher bescheiden, da ich mich ueberfluessig fuehlte, Fragen nicht beantworten konnte und fror wie ein Schneider. Als Kulminierung meiner Depression sehe ich gerne folgende aeussert schmachvolle Szene an: Wir hatten dort an die vielen Kinder insgesamt 200 kleine Setzlinge verschenkt. Allerdings immer nur an Schulklassen. Als einmal ein kleiner dicker Junge kam und auch einen haben wollte, musste ich ihm das von Amtswegen her verbieten. Als Deutscher kennt man sich ja mit sturen Beamten aus und kann dementsprechend leicht in die Rolle schluepfen. Ich als alter Pedant sowieso. Dummerweise hat der kleine Sack nicht kapiert, was ich ihm versuchte zu erklaeren. Waehrenddessen - das hab ich aber erst spaeter gemerkt - haben uns andere Kinder einfach ein paar Baeumchen geklaut. Klar, ich war abgelenkt. So in etwa stell ich mir auch die deutsche Politik vor. Durch den Buerokratiemuell merkt keiner, wenn sich die boesen Buben beherzt bedienen. Wie dem auch sei, er hats nicht eingesehen und wollte zudem auch noch seinen Handabdruck auf einer Leinwand haben, die wir zu diesem Zwecke aufgestellt hatten. Allerdings immer nur eine Person pro Schulklasse und nicht fuer Rumtreiber wie den. Gekonnt hab ich ihm die Phrase "no spacio" an den Kopf geworfen. Er hat mir aber nur mit dieser arroganten Unverstaendnis im Mopsgesicht geantwortet, was mich schnell auch auf die Palme brachte. Hier stehe ich, 1. Vorsitzender des Debattier Clubs meiner Schule, der schon ohne Weiteres Kommunalpolitiker an die Wand geredet, die Abirede mit etlichen spontan evozierten Applaussequenzen vorgetragen und als Model United Nations Botschafter den Titel "bester Redner" in meinem Komitee erworben hat (ich bin halt ein Narzisst und muss mich deshalb selber loben, ich hab Spass daran! wenns jemandem nicht passt --> Kommentar). Hier stehe ich also und kann einen kleines Adipositas-Opfer nicht davon ueberzeugen, sich endlich zu verduennisieren. Noetig haette er es naemlich! Naja, es waere "no Espacio" (kein Platz) gewesen, aber so viel kann man sich doch denken oder?
Ein Highlight in Concepcion war aber das Mittagessen am zweiten Tag. Nicht, dass es mir jetzt geschmeckt haette! Aber es war einfach ein kulturell aufregendes Spektakel. Es gab Carne Asado - gegrilltes Fleisch. Das lief so ab: Jemand machte ein Feuer und legte einen Grillrost auf zwei Holzbloecke. Dann wurde eine Sperrholzplatte aus einem Holzhaufen gezogen und auf einen Baumstumpf gelegt. Das Fleisch, so richtig schoen triefend vor Fett, wurde dann auf den Grill geschmissen und mit einem Jagdmesser immer wieder gewendet. Als es fertig war, wurde es auf die Sperrholzplatte gelegt und kleingeschnitten. Dann konnte sich jeder bedienen. Dinge wie Teller, Besteck oder gar Servietten gab es dort nicht. Solche Dinge sind fuer "mujeres y maricas" (dt. Frauen und Schwuchteln) wurde mir gesagt. Dafuer wurden beim derben Essen auch ebenso derbe Witze vorgebracht. Zum Beispiel: Mit welcher Angel faengt man Meerjungfrauen? ....na?..ich wusst es auch nich, aber ich hab dann gerafft, dass jeder Mann mit einer ausgestattet ist, als Diego, einer der Helfer, einen unmissverstaendlichen Griff in seinen Schritt einleitete!
Ich war aber heilfroh als ich wieder daheim war. Wir kamen um 8 Uhr abends in Asunción an. Beim Aussteigen aus dem Auto wurde mir dann noch nebenbei mitgeteilt, dass ich morgens bitte um 5 Uhr an der Fundación parat stehen soll. Das hiess um 4 Uhr aufstehen und vor allem hiess es verdammt wenig Schlaf. Am naechsten Morgen hab ich den Wecker unbewusst direkt ingnoriert und bin erst 5 vor 5 aufgewacht. Entsprechend hab ich mir nur eine Flasche Wasser und eine Handvoll Essen von einem Teller, der da irgendwie noch rumstand, gegriffen und bin ab aus dem Haus gerannt. Dummerweise war es immer noch verdammt kalt. Meine Jacke, die ich aus Deutschland mitgebracht hatte, hatte ich leider in Sao Paulo im Flugzeug vergessen. Zum Glueck hatte mir meine Gastfamilie guetigerweise eine Ersatzjacke gegeben. Die haette mir auch echt geholfen, wenn ich sie nicht bei einem Kumpel nach ner Diskotour im Auto vergessen haette. Die Jacke hab ich heut noch nicht wiederbekommen. Hoffentlich merken die Alten nix! Wie dem auch sei, ich hab mir dann einfach einen grauen Mantel aus dem Schrank von meinem Gastbruder geklaut. Ich sah recht alt damit aus, aber wenigstens musste ich nicht frieren. Das Ding hab ich aber erst nach ein paar Metern down the road angezogen, weil ich mir nicht sicher war, ob die mir den Mantel vielleicht nicht geben wollen, da ich schon einmal eine Jacke verloren hab. Aber fuck them, wenn sie mir nicht helfen wollen. Da helf ich mir doch am besten grad selbst! Ohne Mantel waer ich auch wirklich eingegangen. Als ich dann puenktlich 10 Minuten zu spaet ankam und noch einen Baum bewaessert hatte, gings dann gleich los zu einem Workshop in einem etwas entlegenen Ort namens Yaguaraon. Yaguar ru ist Guaraní fuer "der schlafende Vater aller Hunde", weil ein riesiger Huegel, der wie ein schlafender Hund aussieht in der Naehe steht. Die Busreise dauerte etwa eine Stunde. Man kann sich vorstellen, dass ich nicht unbedingt bester Laune war. Das besserte sich nicht als wir zwanzig Minuten nach Fahrtbeginn erfuhren, dass der Workshop an einer Grundschule doch erst einen Tag spaeter sei. Also fuhren wir wieder zurueck und ich durfte noch mal ein paar Stunden ins Bett. Am naechsten Tag war es dann aber wirklich soweit und wir kamen in einem absoluten Kuhkaff an. Vielleicht betraegt die Einwohnerzahl sogar mehrere Tausend, aber das aendert nichts daran, dass man sich um einige Zeitalter in der Menschheitsgeschichte zurueckversetzt fuehlt. An der Schule angekommen, begruessten uns dann erst einmal die Lehrerinnen. Normalerweise gibt man sich hier immer Kuesschen auf die Backe zur Begruessung. Aber eine der Lehrerinnen sah mich gleich mit strengem Blick an und reichte mir nur widerwillig ihre Hand...na, der Tag fing ja schon mal gut an! Die Kinder waren zum Glueck offener und ham uns gleich herzlich willkommen geheissen. Allerdings haben wir etwa eine Stunde warten muessen bis der Regen aufhoerte, da wir einige Aktivitaeten aus Plaztgruenden draussen ausfuehren mussten. Unsere Aufgabe fuer diesen Workshop war es, den Kindern etwas ueber die Erhaltung der Natur zu erzaehlen und anhand von Praesentationen und Spielen verstaendlich zu machen. Zum Beispiel verkleidete sich die Direktorin als Praesidentin des fiktiven Staates "Wanana" und erklaerte wie schaedlich Industrieabfaelle sind. Die Kids hatten viel Spass und am Schluss fand ich meine Muedigkeit auch nicht mehr ganz so ueberwaeltingend. Dennoch sehnte ich mich nach meinem Bett. Als ich wieder heimkam, war ich vor allem sehr muede, aber auch genervt, weil sich AFS bezueglich meiner Gastfamilie immer noch nicht gemeldet hatte. Dabei sollte ich schon seit einer Woche eine neue Familie haben. Dies lag mir sehr am Herzen, da sich meine bisherige Gastfamilie nicht gerade Muehe gab, mich wie daheim fuehlen zu lassen. Sie waren nie da, sagten mir nie wohin sie gingen, liessen mich alles Essen kaufen, was ich ausserhalb der Mahlzeiten konsumierte (und assen trotzdem von meinen Einkaeufen, teilweise ungeniert vor meiner Nase) und machten mir etliche Vorschriften und gaben sich keine Muehe auf meine Sprachdefizite Ruecksicht zu nehmen. Im Grossen und Ganzen keine Familie, die sich bereit erklaeren sollte, einen Auslaender bei sich aufzunehmen. Niemals wuerde es mir zum Beispiel in den Sinn kommen, meinen Gaesten/Freunden etwas anzubieten und meinem Kind oder Gastkind nicht. Ich fand das Benehmen extrem unreif und absolut unangebracht. So wurde mir zum Beispiel auch nahegelegt nichts zu trinken waehrend ich Suppe esse, da man heisse Speisen und kalte Getraenke nicht zusammen isst. Hallo? Is doch mein Magen, oder? Ich bin 21 und kein Kleinkind. Ich lass mir sowieso von niemandem was vorschreiben, der nicht entweder mein Schatz ist ( :-* ;-)) oder mir einen Gehaltsscheck ausstellt. Ich muss beim Essen trinken oder ich kanns sonst nicht geniessen...und werd entsprechend patzig. Nur dass mich dann niemand versteht, wenn ich versuche, mich zu artikulieren. Jedenfalls waren die wenigen Male, die ich mit meiner Familie zusammen war, eher unerfreulich. Das Ganze aenderte sich dann vorletzten Sonntag. Ich war gerade im Bett und las, mein einziges geistiges Asyl, als ploetzlich drei junge Maedchen und eine mir unbekannte Frau durchs Zimmer liefen. Dazu ist zu sagen, dass ich in einem Durchgangszimmer schlafen muss. Das ist auch so eine Sache, die mich total aergert. Vielleicht redet man auch mal mit mir und sagt mir, dass jemand kommt und vor allem wann und wer. Dann muss ich nich halbnackt im Bett sitzen, wenn vier wildfremde weibliche Personen vorbeikommen. Gut, ich hatte eine Decke drueber, aber es geht einfach ums Prinzip. Jedenfalls waren das Gasttante und Cousinen. Beide Schwestern meiner Gastmutter waren zu Besuch gekommen und jetzt wurde ich ausnahmsweise mal vorgestellt - zum Angeben. So wie eine afrikanische Holzmaske, die man von der letzten Safari mitgebracht hat. Als ich aber mehr ins Gespraech einbezogen wurde, merkte ich, dass man mich verstand. Ich dachte auch immer, dass mein Spanisch sehr unverstaendlich sein muss, weil meine Gastmutter fast nie verstand, was ich ihr sagen wollte. Jetzt weiss ich es besser. Sie ist einfach geistig minderbemittelt. Von dieser Schicksalswendung etwas aufgeheitert, kulminierte das Ganze in der ploetzlichen Aussage meiner Gastmutter, dass ich doch zu ihrer Schwester ziehen koenne, da AFS noch immer keine neue Familie fuer mich hat. Dies schockte mich aus zweierlei Gruenden. Zum einen, weil ich befuerchtete, dass ihre Schwester genauso unertraeglich und unfaehig ist wie sie und zum andern, weil ich keine Lust hatte mir von ihr vorschreiben zu lassen, was ich mache. Ich gab mich dann erst mal unwissend und tat so als haette nur AFS Handhabe darueber und wartete ab. Am naechsten Tag sollten wir dann naemlich bei Betty und Martin, so heissen die beiden potenziellen neuen Gasteltern, ein Sonntagsessen abhalten. Den Weg dorthin begleiteten mich meinen beiden Gasteltern und die andere Schwester sowie ihre kleine verzogene Tochter. Auf der Fahrt stellte ich fest, dass auch die zweite Schwester nicht unbedingt zu den geistig Privelegierten zaehlt.
Als wir endlich ankamen, hat es mich dann aber fast umgehauen. Hinter hohen Mauern mit Elektrozaun, Wachmann und Wachhund blickte ich auf eine traumhafte Villa mitten in einem der aermsten Gebiete der Welt.

Und nach dem Essen wusste ich, jetzt war ich endlich zu Hause angekommen...

Wenn ihr wissen wollt, was mir seitdem so alles passiert ist und wie toll meine neue Familie so ist...schaut euch einfach meinen naechsten Blog an!

und schreibt mal ein Kommentar! Bilder werden folgen!

euer Jan

Monday, September 14, 2009

Blog ab jetzt jede 2. Woche neu!

Hi liebe Leser,

da ich recht viel zu tun hab, gibts erst naechste Woche wieder was von mir zu hoeren!

Geduldet euch, es wird sich lohnen =)

euer Jan

Monday, September 7, 2009

Mehr Kommentare bitte!

Bitte gebt mir alle schoen Feedback und sagt, was ihr denkt!

Einfach auf "comments" unter einem beliebigen Eintrag klicken und ohne Stress eine kleine Nachricht schreiben!


Danke, euer Jan! :-)

Saturday, September 5, 2009

Einen Monat schon ist's her...

Ja, kaum zu glauben, aber wahr. Ganze vier Wochen bin ich nun schon hier. Ich muss zugeben, die Zeit vergeht ganz schoen schnell. Zumindest aus meiner Sicht der Dinge. Aber das ist auch normal, wenn man sich den Abwechslungsreichtum vor Augen haelt mit dem man hier konfrontiert wird.
Wie letzte Woche versprochen, habe ich es auch dieses Mal wieder geschafft, meinen Blog erfolgreich zu updaten. An dieser Stelle also erstmal ein kleines Lob an mich! Des Weiteren bin ich euch noch einige Stories schuldig, von denen ich diesmal einige erzaehlen moechte.
Wie ihr vielleicht schon gehoert habt, hatte ich einige Probleme einen Platz bei “weltwaerts” zu ergattern. Dieses ist das offizielle Programm der Bundesregierung, welches junge Menschen in ferne Laender schickt ohne dass diese dabei etwas bezahlen muessen. Eine sehr schoene Idee, die interkulturelle Verstaendigung ebenso wie den eigenen Lebenslauf foerdert. Jedes Jahr werden auf diese Weise viele deutsche Freiwillige in hilfsbeduerftige Gebiete in die ganze Welt entsandt. Andererseits wird aber auch immer wieder kritisiert, dass der Bund dadurch Geld verschwende, da die Mittel effektiver genutzt werden koennten als sie fuer den Egotrip einiger unausgebildeter Moechtegern-Entwicklungshelfer zu verprassen. Egal, welche Seite man beziehen mag, ich bin auf jeden Fall auf dieser Welle hierher geritten und bin dankbar fuer diese Moeglichkeit.
Anfangs sah es naemlich gar nicht danach aus, als ob ich eine Stelle finden wuerde. Ich hatte mich zwar puenktlich bei AFS beworben, dann aber leider den Termin vergessen. Beim Nachrueckverfahren wurde mir aber gluecklicherweise noch dieser Platz hier zukommen lassen.
Ein Grund warum ich so viele Ablehnungen bekam, war zweifelsohne die Tatsache, dass ich zwar einerseits kein Spanisch sprach andererseits mich aber fuer Projekte in Suedamerika bewarb. Paradox? Keinesfalls! Ich wollte einfach in ein warmes Land und ich wollte Spanisch lernen. Ich will ehrlich sein. Kaum jemand tut all dies nur aus altruistischen Beweggruenden. Dennoch bin ich froh, tatsaechlich etwas bewegen zu koennen.
Um die Dinge ins Rollen zu bringen, bezahlt mir der Bund also einen Sprachkurs an einer lokalen Sprachschule. Gleich am dritten Tag nach meiner Ankunft war’s soweit. Im “Anglo”, dem hiesigen Englischinstitut nahm meine linguistische Karriere eine neue Wendung.
Standardmaessig kam ich als Einziger zu spaet, was mich aber nicht wirklich juckte. Die andern Mitschueler, allesamt juenger als ich und manche sogar bis zu 5 Jahren, sollten ruhig mal wissen, dass einem im gehobenen Alter ein paar Privilegien zustehen. Ernuechternd war dann aber der Unterricht, bei dem ich eigentlich herzlich wenig verstand, da unsere Lehrerin, Profe Gla, kaum Englisch sprach. Wenn sie es doch tat, klang es auch wie Spanisch und war praktisch nicht zu verstehen. So viel zu den Bemuehungen des Bundes einen gescheiten Lehrer einzustellen. Da bin ich doch an dieser Stelle froh keine Steuergelder fuer sowas gezahlt zu haben!
Aber ich will nicht kleinlich sein. "Instant Immersion" ist immer noch der beste Weg eine Sprache zu lernen. Dennoch musste ich feststellen, dass unsere Lehrerin relativ unfaehig ist. Menschlich jedoch klasse. Meist gingen wir was essen oder spazieren, weil sie keine Lust auf Unterricht hatte.
Insgesamt waren wir auch ein sehr ethnisch diverses Voelkchen im Kurs. Zwei Belgierinnen, drei Deutsche, eine Schweizerin, eine Daenin, eine Franzoesin ohne Englischkenntnisse :D und eine Englaenderin, die aber irgendwie nur drei mal da war. Unser Pensum waren 72h, wobei aber nur ich jedes Mal anwesend war. Wer mich aus der Oberstufe kennt, haette spontan vielleicht nicht unbedingt auf mich getippt! An dieser Stelle schoene Gruesse an Christoph Wasem, der bis heute noch keinen Karsten Bier von mir bekommen hat!
Wie dem auch sei, an sich wars eine schoene Zeit dort und eigentlich auch immer so der Hoehepunkt meines Tages, weil ich anfangs ja noch nicht arbeiten war und ich eigentlich nur dort jemanden zum Reden hatte.
Heute hab ich mein Abschlussexamen geschrieben und hab den Kurs jetzt endlich hinter mir. Am Ende fing es doch an, mir ziemlich auf den Sack zu gehen. Nicht zuletzt auf Grund mangelnder paedagogischer Kompetenzen.
Dennoch muss ich sagen, dass ich ihn auch bitter noetig hatte. Ich hatte zwar vorher einen Anfaengerkurs an der TU in Kaiserslautern gemacht, allerdings war das bei weitem nicht genug, um hier “mitreden” zu koennen. Jetzt kann ich zumindest die grundlegendsten Beduerfnisse aeussern.
Mir ist einmal auf dem Heimweg von der Sprachschule ne schoene Metapher eingefallen. Wie jeder weiss ist Sprache mehr als nur eine willkuerlich erzeugte Abfolge von Schallwellen. Sie ist Alltagsgegenstand, kulturhistorisches Indiz und last but not least eine gewaltige Waffe. Wir alle haben schon erfahren, wie sehr Worte verletzen koennen und eben diesen Gedankengang moechte ich nutzen, um meine Entwicklung darzustellen. Anfangs war meine Expertise der Hispanophonie zu vergleichen mit einer blossen arthritis-gebeutelte Faust die gegen den Panzer des Koennens der Einheimischen antritt. Am Ende des Kurses, also jetzt, wuerde ich mein Sprachlevel mit dem eines Jagdmessers vergleichen. Zwar immer noch ziemlich nutzlos gegen eine 50-Tonnen-Kriegsmaschine, aber dennoch toedlich, wenn richtig angewandt…
Aber genug von Mord und Totschlag. Auch hier in Asunciòn gibt es ein heisses Nachtleben, das den Klischees ueber Suedamerika gerecht wird. An unserm zweiten Wochenende in der Stadt waren wir (siehe Bilder) zunaechst auf einer High School Party vom Gastbruder meines Mitzivis Nic. Allein der Weg zur Party war schon sehr interessant. Da ich mal wieder allein zu haus war (keine Ahnung wo meine Gastfamilie immer steckt, aber sie scheinen es nicht fuer noetig zu halten, mich darueber zu informieren) hab ich mir einen Kumpel organisiert, der mich zu Nic fahren sollte. Er ist der Bruder der besten Freundin der Verlobten meines Gastbruders. Wie ihr seht, haengt hier alles irgendwie zusammen. Er hat mich dann mit seinem Bruder abgeholt und haben dann aufm Weg zu Nic noch erzaehlt welche Clubs hier gut sind und wo sie gerne hingehen. Angekommen, bittet Nic uns doch bitte direkt beim Haus zu parken und auf ein Bier mit reinzukommen. Erst hier kapiere ich, dass meine Fahrer mich eigentlich zu einer BBQ-Party bei sich zu hause einladen wollten und jetzt auch wieder nach Hause muessen. Etwas verwirrt lehne ich ab und lass die beiden abduesen. Erst hatte ich Schuldgefuehle, aber dann ist mir eingefallen, dass mir das Ganze eigentlich egal ist und es ja nicht mein Sprit war. Dann bin erst mal auf ein Bier und Abendessen (nochmals Danke an Nics Gasteltern!) eingetreten. Als wir dann spaeter zu acht losfuhren, haben wir schnell gemerkt, dass das zulaessige Gesamtgewicht ueberschritten war. Woran wir das merkten? Nunja, ich glaube selbst in Suedamerika schrabbt das Blech normalerweise nicht ueber den Asphalt. Unser Fahrer sah das Ganze allerdings gelassen, waehrend er beim Fahren gekonnt sein Bier trank und gleichzeitig ein Date am Telefon klarmachte. War ja auch nur das neue Auto seines Vaters und nicht seins. Wie man sieht teilt man meine Philosophie hier nur zu gerne!
Die High School Party war leider nicht so der Burner, auch wenn's Wodka Lemon umsonst gab. Es schmeckte so eklig, dass man sich wunderte, ob die gruene-gelbe Farbe nicht vom Spuelwasser herruehrte und nicht vom Bitter Lemon. Danach fuhren wir zum “El Santo” —> http://www.el/santo.com.py
Die Penner von Tuersteher liessen uns aber nicht rein, weil wir angeblich keine Einladungen hatten. Von der Daenin aus dem Spanischkurs erfuhren wir in den naechsten Tagen, dass sie mit ihren Gastschwestern drin war - ohne Einladungen. Ich denke Tuersteher hier sind oft einfach dieselben Arschloecher wir bei uns daheim. Naja, was will man machen. Dafuer werd ich mein Geld spaeter damit verdienen, andere Leute mit meiner Visage abzuschrecken!
Entsprechend sind wir dann in eine nahegelegene Tanzbar gegangen, die gerade so als Disco durchgehen konnte. “Flores de Asunciòn” hiess der Laden. War ganz nett und auch recht billig. Wir waren allerdings nicht allzu lange da, weil sich gewisse Leute diverse Nahrungsmittel noch mal durch den Kopf gehen liessen. Ich war dann gezwungen ein Taxi per Handy zu rufen, was mir auch gelang. Ich war sehr stolz!
Ob wir dann tatsaechlich auch das Taxi genommen haben, das ich bestellt hatte, weiss ich nicht genau. War mir auch egal. Hauptsache endlich pennen.
Am folgenden Wochenende, meinem Geburtstag, gings dann wieder ab! Freitags war aber erstmal Chillen angesagt. Der Kumpel mit dem Auto wollte mich zwar zu ner Bar einladen und um 11 vorbeikommen, aber als er um halb 2 immer noch nicht da war, weil er auf das Auto seiner Eltern warten musste, hat ich dann auch keinen Bock mehr. Stattdessen hat mich aber der Erik, ein anderer Zivi, der jetzt in Kolumbien sitzt und auch ein sehr korrekter Typ ist, noch angerufen und mir alles Gute zum Geburtstag gewuenscht. Um 2 Uhr nachts rief mich dann noch ein AFS Betreuer, Jorge, aus Bolivien an und mir alles Gute wuenschte. Beide diese Anrufe haben mir sehr gut getan, insbesondere, weil ein Geburtstag ohne Familie und Freunde in der Naehe immer schwer zu verdauen ist. Am naechsten Tag riefen mich aber meine Familie und Freundin an, die mich dann endgueltig wieder nach vorne blicken liessen. Vielen Dank an euch nochmal! Ihr seid echt ne wichtige Stuetze fuer mich in diesen Tagen! Es hat mich einfach auch ein bisschen getroffen, dass mir niemand in meiner Gastfamilie gratuliert hat, obwohl wir in den vorherigen Tagen beim Essen immer ueber meine Plaene fuer meine Feier geredet hatten. Naja, ich sollte vielleicht nicht zu viel erwarten.
Aber umso besser gings mir, als an meinem Geburtstag Nic, Steffi und eine amerikanische Freiwillige aus Alaska, Julia, zu mir heimkamen und sogar noch Wein und ne Geburtstagskarte mitbrachten. Die Karte war voll lustig, weil es eigentlich fuer einen 2-Jaehrigen gedacht war und sie einfach noch eine 1 drangeklebt hatten fuer meinen 21. Geburtstag! Tolle Idee. Meine Gastfamilie war an diesem Abend nicht zu hause. Wo, weiss ich nicht, war mir aber auch recht so! Die brauch ich echt nicht zu meinem Glueck! Nach kurzem Planen entschieden wir uns fuer einen britischen Pub und anschliessend Disko. Nach einer kurzen Taxifahrt und einer kleinen Luege ueber das Alter Julias waren wir alle happy im Pub, wo uns mein paraguayanischer Kumpel spaeter abholte. Der Laden ist echt cool und vor allem auch billig. Fuer weniger als vier Euro hab ich dort nen Kuba Libre und nen geilen Burger erstanden. Klar das wir in der naechsten Woche wieder da waren.
Der Weg zur Disko gestaltete sich allerdings etwas komplizierter als gedacht. Ich musste noch Geld holen und war an insgesamt vier Banken. An keiner hat mir der Automat Geld ausgezahlt, aber an allen wurde mir der von mir eingegebene Betrag vom Konto unwiderruflich abgebucht. Now talk about corruption!
Ich haette vermutlich noch mehr Geld verloren, wenn nicht Julia angefangen haette aus dem Wagen und spaeter dann vor den Wagen zu kotzen. Warum genau sie brechen musste, ist uns unklar, aber auf jeden Fall mussten wir sie und Steffi, die sie nicht allein lassen wollte, zu Nics Haus fahren. Wir drei Jungs uebrig, gingen dann zu einer der angesagtesten Cubs in der Stadt, dem Vulcon! Leider brauchte man weibliche Begleitung um reinzukommen und wir hatten die Maedels leider gerade abgesetzt. Keinen Bock zu warten sind wir dann ins Glam, ein etwas teurer, aber auch sehr cooler Schuppen. Als wir reinkamen, hats mich gleich mal umgehauen. Ein riesiger Danceflor mit erhoehten DJ-Podest, VIP-Bereich, ueberall Couches mit weissem Lederueberzug, riesige Bar und vier Stripperinnen. Da ich aber meine Brille, wie eigentlich immer, nicht aufhatte und auch schon gut einen im Tee hatte, hab ich von letzteren allerdings nicht viel gesehen. Wozu auch, ich hab ja meine suesse Maus daheim! :-*
Auf jeden Fall war der Abend Hammer und wir haben auch auf der Tanzflaeche noch ein paar coole Leute kennen gelernt (siehe Bild), die uns Bier ausgaben und uns total begeistert ueber ihre Heimatstadt erzaehlt haben. Sehr viel haben wir allerdings nicht verstanden und Nic ist leider auch schon um halb 5 abgekackt! Dennoch wars ne coole Aktion.
Eigentlich wollte ich euch jetzt noch was ueber letztes Wochenende und meine Arbeit erzaehlen, aber das ufert dann aus, denke ich! Daher wuerde ich mal sagen, bis naechste Woche, ihr Blog-Junkies!

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne...

Alles klar, wie ich sehe seid ihr wieder am Start fuer eine neue Episode aus meinem durchgedrehten Leben im sonnigen Land der Palmen und Moskitos…
Ich moechte an dieser Stelle noch einmal erwaehnen, dass ich von nun an vorhabe, meinen Blog woechentlich FREITAGS upzudaten. Das hat fuer euch den Vorteil, dass ihr immer regelmaessig was zu lesen habt, waehrend ich mich dadurch auch besser auf eine klare Linie der Informationsverarbeitung einlassen kann. Tja, grosse Worte mal sehen, obs auch anhaelt! Es kann uebrigens auch mal vorkommen, dass ich nicht immer puenktlich posten kann, da ich vielleicht auf einer Mission oder so bin. Aber das werdet ihr dann schon erfahren..im Nachhinein!
Also, dann mal weiter im Text. Nachdem ich den ersten Tag und die Reise einigermassen unbeschadet ueberstanden hatte, war es am naechsten Tag Zeit fuer mein Arrival Camp. Naja, war nich so der Hit, besonders weils arschkalt war. Natuerlich hatte man als Deutscher, besonders als maennlicher Vertreter, einen Ruf zu verlieren, falls man diese Tropentypen nicht mit seiner Kaelteunempfindlichkeit beindruckte. Daher trug ich nur einen duennen Pulli und mir war wirklich sehr sehr kalt. Die AFS-Koordinatoren sassen mit Jacken und Schal da, ich versuchte keine Miene zu ziehen…tja, man kann nich alles haben. Dennoch gabs einige interessante Tipps fuer uns. Etwa, wie sich die Leute, besonders die Maenner hier in Paraguay gerne verhalten. Zum Beispiel ist es absoluter Standard bei Bedarf auf die Strasse oder sonstige infrastrukturelle Objekte zu urinieren. Dabei ist es auch nicht unueblich passierenden ”chicas” nachzupfeifen bzw. andere obszoene Geraeusche verlauten zu lassen. Uns wurde gesagt, dass diese Verhaltensweisen zwar nicht zum guten Ton gehoeren, aber generell akzeptiert werden. Ich denke, meine deutsche Mitfreiwillige Steffi weiss einiges darueber zu berichten! Ausserdem wurden uns alle hier typischen Handzeichen beigebracht. Viele davon kennt ihr auch, aber einige waren, zumindest mir, neu. Zum Beispiel macht man die Handbewegung wie beim Starten eines Motorrads, wenn man anmerken moechte, dass man eine bestimmte Person naeher kennenlernen moechte…in der Horizontale! ;-) Auch beliebt ist ein Handschlag bei dem eine Person der anderen mit dem Mittelfinger die Handinnenseite streichelt. Auch das gilt als klare Aufforderung zum Spasshaben. Das naechste auf der Liste waren die ueblichen Regeln und Gebote, die man so zu beachten hat. Keine Drogen, kein Autofahren wegen der Versicherung blabla. Insgesamt ziemlich langweiliger Scheiss, den ich euch jetzt nicht zumuten will. Dann gabs aber noch einen interessanteren Programmpunkt, naemlich das ”Terere”-Trinken. Dies ist ein kalter Aufguss aus einer Yerba Mate Kraeutermischung, das normalerweise aus einem Horn gefertigten Becher (cuerno) mit einem speziellen metallenen Strohhalm (Bombilla) getrunken wird, welcher unten ein Sieb hat, damit die Kraeuter nicht mit hochgesogen werden. Das Kraeuterpulver wird in den Becher gegeben und mit eiskaltem Wasser aufgefuellt. Schmeckt ein bisschen nach Minze und Tabak, insgesamt aber sehr erfrischend. Man sieht wirklich ueberall Leute damit! Der Becher wird traditionell herumgereicht und jeder trinkt mit demselben Strohhalm. Es gibt immer einen designierten Nachfueller, der dafuer sorgt, dass jeder versorgt ist. Es hat etwas von einem Joint, der von einem zum naechsten geht und tatsaechlich hat der Terere eine leicht stimulierende Wirkung. Jedenfalls staerkt dieses Ritual den Zusammenhalt einer Gemeinschaft. Das was eigentlich im Grossen und Ganzen das Camp. Vielleicht sollt ich noch erwaehnen, dass ich jedesmal in den Tueren stecken geblieben bin, weil die zu schmall fuer mich sind. Eigentlich sehr geil, weil das meinem Ego derb Saft gibt. Andererseits derbe stressig, weil ich mich immer quetschen muss. Naja, andere Laender, andere Sitten.
Die folgenden Tage bis zu Beginn der dritten Woche waren eigentlich recht gechillt. Ich hab meine Zeit hauptsaechlich mit Schlafen, Essen und Lesen verbracht - sowohl on- als auch offline. Mittlerweile hab ich das zweite Buch ausgelesen. Hab mir ungefaehr 10 mitgenommen. Wenn ich die fertig hab, werd ich mr wohl mal spanische Literatur einverleiben. Momentan waere das noch etwas absurd… Achja, und natuerlich hab ich mir gleich am dritten Tag ein Fitnessstudio gesucht. Ohne Fitness, ohne mich! :D Der Spruch klingt sehr gay, aber dennoch fehlt mir echt was, wenn ich mich nich irgendwie austoben kann. Ausserdem, Leute tut mir Leid, aber, Fussball ist halt einfach nich mein Ding! Ich brauch den metallischen Sound von Eisen, das auf den Boden prallt und die stickigen Raeume, in der ich bis an meine mentalen und physischen Grenzen gehen kann! Ueberrascht hat mich nur der relative hohe Preis, das manche unserer heimischen Studios sogar noch ueberbietet. Dennoch ist es ein gutes Stueck billiger als mein geliebtes Akti. Ich muss hinzufuegen, dass im Preis Fussball-, Rugby- oder Renntraining mit inbegriffen ist. Ausserdem ist die Unterstuetzung der Trainer top und jeder im Studio scheint miteinander befreundet zu sein - ein grosse maskuline unrasierte Familie in verrobten Klamotten! Ich fuehl mich auf jeden Fall wohl dort. Anfangs hat ich immer Angst allein dorthin zu laufen, weil es hier frueh dunkel ist. Aber es gibt bisher nichts zu befuerchten. Nur einmal wurde ich beinah vom einem Rudel streunender Strassenkoeter bedraengt. Sie sind dann aber an mir vorbeigerannt. War eigentlich ganz lustig, weil sie einen Anfuehrer hatten der vorne lief und staendig gebellt hat. Is wie bei uns Menschen. Der mit der groessten Klappe ist immer der, der sich als Chef aufspielt.
Ausserdem muss ich an dieser Stelle kundtun, dass ich nun endlich mit meiner Arbeit begonnen habe. Als ich letzten Dienstag, den 25.08.09, meinen Job antrat, wurd ich erstmal nem Teil des Teams vorgestellt und hab dann meinen Betreuer kennen gelernt. Der gute Mann heisst Carlos alias “Carlito” und hat zufaellig am selben Tag Geburtstag wie ich. Er war mir gleich sympathisch und hab mich echt ne halbe Stunde oder so mit ihm unterhalten koennen, ohne Woerterbuch. Auf meiner Arbeit spricht eigentlich niemand Englisch. Das war echt n tolles Erfolgserlebnis. Aber anders als n bisschen in einer Rumpelkammer aufgerauemt, haben wir nichts gemacht. Abends hab ich dann von meiner Chefin einen Anruf bekommen, in dem sie mir versuchte zu erklaeren, dass am naechsten Tag ein Workshop zur Rettung eines Vogelschutzgebiets am Rio Paraguay stattfinden werde. Das hab ich natuerlich am Telefon nicht kapiert und erstmal gekonnt mein “sisi” an die Frau gebracht. Ich hab dann aber gemerkt, dass sie mir versucht zu sagen, dass ich morgens statt um halb 9 um halb 7 an der Strasse stehen soll. Dann hab ich doch noch versucht sicherzugehen, dass ich das richtig verstanden hab - mehrmals. Danach sie dann leicht angepisst aufgelegt hatte, hab ich mir, nicht minder veraergert, den wecker auf halb 6 gestellt. Sowas ist mir ja seit Ende der Schulzeit nicht mehr vorgekommen! Wie dem auch sei, ich war puenktlich zehn Minuten zu spaet am Treffpunkt. Schon etwas stolz auf meine suedamerikanischen Sitten, musste ich erkennen, dass ich noch viel zu lernen hatte. Meine Kollegen kamen erst 20 Minuten nach mir, sprich eine halbe Stunde zu spaet. Naja, zum Glueck bin ich ja net extra um halb 6 aufgestanden, ihr Penner!! Entsprechend war ich heute und gestern erst um 9 im Buero - was die koennen… Aber ich komm vom Thema ab. Wir sind also an das Ufer des Flusses hier in Asunciòn gefahren. Auf dem Weg dorthin sind wir durch eine Siedlung gefahren, die aermer war als alles was ich je gesehen habe. Gut, zugegeben, ich bin ein dekandenter Europaer, der ein Jahr in Texas, dem Verschwenderstaat schlechthin, verbracht hat. Klar, dass ich Armut nur aus dem Fernsehen kenne. Und das bisschen, was man so in Kroatien und Prag gesehen hat. Aber das hier ist anders. Huetten, die den Namen eigentlich nicht verdient haben, bestialischer Gestank auf an bestimmten Stellen, ueberall Muell, keine Wasser- oder gar Stromleitungen, keine Abwasserkanaele, dafuer Tiere wohin das Auge blickt - Schweine, Huehner und vor allem Hunde, die die Strassen nach ihrem naechsten Mahl absuchen. Kleine Kinder verschwinden immer wieder hier. Niemand weiss wohin.. Das Auffaelligste war aber die Strasse. Einfach nur eine Dreckpiste mit mehr Schlagloechern als Strasse. Wir waren in einem Jeep unterwegs und trotzdem war es schwer voranzukommen. Ich habe keine Ahnung wie unser Fahrer sich hier zurechtfinden konnte. Durch Schleichwege und Seitenstrassen kamen wir schliesslich am Ufer an, wo andere Organisationen, die mit uns kollaborieren schon bei der Arbeit waren. Kurz darauf waren auch wir in Aktion. Mir wurden Einweghandschuhe und ein Muellbeutel in die Hand gedrueckt und zack war ich mittendrin. Momente wie diese zeigen dir, was der Grund ist, warum der Bund n Haufen Kohle in deinen Arsch blaest. Nicht nur, um den Ruf aufzupolieren - weder meinen noch den Deutschlands. Nein, fernab der Politik gehts hier um den karitativen Dienst, der wirklich was bewegt. Der Fluss hat jahrelang die Ufer mit allem moeglichen und unmoeglichen Dreck belasted und mit jeder Plastiktuete im Muellsack ist etwas getan. In diesem Sinne war diese Art der Arbeit wirklich sehr befriedigend, da man weiss, dass man einen Sinn in diesem grossen Uhrwerk, das sich Entwicklungsdienst nennt, hat und eine Rolle spielt. Auch wenn das hiess alte Windeln und Slipeinlagen aus dem Sand zu ziehen. Es war schoen zu sehen, dass auch ganz viele Kinder und ihre Eltern mithalfen. Alle an einem Strang ziehen, um was zu bewegen. Sowas gibts leider viel zu selten. Nichts zuletzt wegen so verwoehnten Typen wie mir - da mach ich gar keinen Hehl draus. Aber deshalb bin ich auch hier. Einfach um meinen begrenzten Horizont etwas zu erweitern. Insgesamt blieben wir nur zwei Stunden, da uns noch Arbeit im Buero erwaretete. Am naechsten Tag und heute waren wir lediglich am Aufrauemen und Kopieren. Das muss schliesslich auch mal gemacht werden. Auch sehr geil sind die Gespraeche beim Mittagessen in meiner Arbeitsstelle, der Fundaciòn, weil sich die Leute meist dissen und total Spass haben. Ich versteh zwar meistens nich worums geht, aber trotzdem sind alle einfach so herzlich, dass man das auch gar nicht muss. Fuer die naechsten Wochen sind groessere Projekte geplant, von denen ich euch dann zu gegebener Zeit berichten werde! Freitags, wie immer!
Wichtig sind auch noch mein Spanischkurs hier und ganz besonders das Nachtleben! Wenn ihr ahnen koenntet, wie es hier abgeht…aber dazu mehr naechste Woche! ;-)

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