Friday, December 25, 2009

i Feliz Navidad amigos !



Liebe Freunde und Weggefaehrten,

ihr begleitet mich nun schon seit fast 5 Monaten. Dafuer danke ich euch. Fuer alle, die mich erst seit kurzem entdeckt haben: Seid willkommen. Stets freue ich mich ueber jeden Leser.
Hier bei Janinparaguay.blogspot.com sind wir liberal und tolerant. Ich moechte, dass die Jugend ebenso so sehr meine Geschichten verschlingt wie die etwas Betagteren (an dieser Stelle Gruesse an die Mehrheit meiner frueheren Lehrer). Wir sind farbenblind, kennen viele Goetter und gehen nicht waehlen. Und wenn, dann nur die SPD!
Kurz gesagt, wenn du das hier lesen kannst, dann stell dir vor, dass ich diese Zeilen nur fuer dich geschrieben habe, egal, was deine Ueberzeugungen sind!

Leute! Weihnachten. Ich weiss, ich hab noch nen Haufen anderer geiler Hardcorestories im Petto, aber yo, irgendwo muss ich ja mal anfangen. Aus gegebenem Anlass werde ich allerdings einen Artikel ueber das besinnlichste Fest des Jahres schreiben und wie ich es hier verlebt habe.
Also, zunaechst vergleiche ich wieder den Ablauf in meinem deutschen Heim mit dem hiesigen.
In Deutschland gehen wir etwa um 8 Uhr in die Kirche, natuerlich protestantisch, wo die Kinder bereits ungeduldig auf ihren Sitzen quaengeln und warten bis sie endlich die Geschenke auspacken koennen. Danach, etwa um 21:30, begibt man sich dann nach Hause und singt ein paar festliche Lieder im "Oh Tannenbaum"- Style und oeffnet dann die voellig ueberteuerten Nichtigkeiten, die man spaetestens im Februar wieder vergessen hat. So war es jedenfalls frueher bei mir. Mittlerweile weiss ich ungefaehr was ich brauche und was nicht. Daher wuensche ich mir einfach immer Geld. Diesem Wunsch wird auch meistens gerne Folge geleistet, da man sich dann meinetwegen nicht mehr den Kopf zerbrechen muss. Nur hin und wieder werde ich durch einige kreative Meisterleistungen meines geliebten Schatzes voellig ueberwaeltigt.

Nun wollen wir das Ganze um ein paar Tausend Kilometer nach Westen verschieben. Wir befinden uns in Asunción. Es ist Weihnachtszeit und auch hier hat der nordamerikanische Kulturimperialismus seine Spuren hinterlassen und dafuer gesorgt, dass es trotz tropischen Temperaturen ueberall von rot-weiss-bemaentelten Weihnachtsmaennern wimmelt, die die Waren diverser Grosskonzerne anpreisen. Interessant ist, dass es hier keinesfalls ueblich ist, seine Mitmenschen mit Geschenken zu ueberhaeufen. Im grossen Rest des Landes wird aus religioesen Gruenden zwar die Geburt des Erloesers (El Salvador) gefeiert, aber normalerweise nicht mit eitlem Tand, sondern einem herzlichen Familientreffen und viel Alkohol und Essen. Die Mehrheit des Volkes ist arm und lebt oft von der Hand in den Mund. Nur der kleine Prozentsatz der Oberschicht, der sich hauptsaechlich in den grossen Staedten vorfindet, begruesst die Ankunft des Christkindes im gewohnt ueberschwaenglich europaeischen Massstab.

Bevor ich die Einzelheiten meines Weihnachtsfests naeher beschreibe, sollte ich vielleicht noch eine Kleinigkeit erwaehnen.

Ich habe vor zwei Wochen meine Familie zum zweiten Mal gewechselt.

Auch diesmal ist diese Entscheidung nicht von mir getroffen worden. Sicher, fuer mich war es sicherlich ein ordentliches Stueck Hoelle auf Erden. Ich war ihnen voellig gleichgueltig und eher eine Last als ein Familienmitglied. Dennoch hatte ich nicht vor, den ersten Schritt zu tun und AFS zu bitten, eine andere Familie zu suchen. Das war sicherlich einerseits, weil ich mir die unangenehme Situation ersparen wollte, sie darauf anzusprechen, aber andererseits auch, weil ich nicht einfach aufgeben wollte. Mein Plan war, es mit diesen Leuten aufzunehmen und wie ein Soldat jedem Unbill, das von ihnen ausging zu widerstehen und tapfer weiter durchzuhalten. Gluecklicherweise waren sie es, die mich baten die Familie zu wechseln, da meine Gastmutter nach Ciudad del Este versetzt wuerde und sie ja meine Aufsichtsperson sei. Ich halte diese Begruendung fuer absolut haltlos und totalen Humbug. Erstens war sie sowieso oefters weg auf Reisen und nicht da, um auf mich aufzupassen. Zweitens war ich kaum zu Hause, weil ich viel arbeiten musste und auch nicht unbedingt ihre stetige Praesenz suchte. Drittens koennte mein Gastvater genausogut auf mich aufpassen. Viertens bin ich 21 und bedarf nicht mehr tagtaeglicher Aufsicht. Letztens, und ich denke das ist des Pudels Kern, haben sie auch noch nie auf mich aufgepasst. Ausser, wenn ich mir was zu essen genommen habe. Ich koennte ja satt werden!
Habe ich diese hieb- und stichfesten Beweise genutzt, um ein ueberzeugendes Plaedoyer fuer ein verlaengertes Aufenthaltsrecht zu konstruieren? Habe ich meine ueberlegenen linguistischen Faehigkeiten in den Dienst der Kontinuitaet des Status Quo gestellt? Nun, genauso gut koennte man auch fragen, ob ich noch ganz klar im Kopf bin. Alter, ich hab gefeiert wie ein Urmensch als ich erfahren hab, dass ich wechseln wuerde. Das war einer der besten Momente meines Lebens!
Im Nachhinein ist mir klar geworden, dass meine Familie vielleicht doch verstanden hat, dass ich mich nicht wohlfuehlte und mir deshalb diesen Ausweg ermoeglicht hat. Wahrscheinlicher ist aber, dass ich ihnen einfach nur eine unnuetze Buerde war und sie mich deshalb loswerden wollten. Wie dem auch sei, nun sind wir beide gluecklicher, denke ich. Sie liessen mich natuerlich nicht gehen, ohne AFS zu petzen, dass ich zuviel esse und mein Zimmer nicht aufraeume, wofuer ich dann auch eine Standpauke bekam. Beide Anschuldigungen sind absolut korrekt und beide Verhaltensweise habe ich im Vollbesitz meiner geistigen Kraefte mit grossem Genuss ausgefuehrt. Es tut mir ja Leid, aber zwei Broetchen morgens und ein Teller Suppe abends sind nicht genug fuer einen jungen Kerl, der taeglich mehrere Kilometer geht und danach noch trainiert. Ausserdem haben wir zwei Putzfrauen. Bitte was genau ist ihre Arbeit, wenn nicht Zimmer aufraeumen und putzen? Daher war ich mit meiner Einsicht auch nicht immer ganz freigiebig, was meine Gastfamilie betrifft.

Der Wechsel an sich war eigentlich recht einfach. Als ich von einer kleinen Reise zurueckkam, ueber die ich noch genauer berichten werde, wartete am darauffolgenden Nachmittag schon ein Taxi. Mit meinem ganzen Hab und Gut gings dann Richtung unbekannt. Meine neuen Gasteltern waren noch nicht da. Deshalb oeffnete Enrico, einer meiner drei kleinen Gastbrueder, das Tor.
Also, kurz zu meiner neuen Familie:
Ich habe eine Gastmama und -papa, beide Anfang 40 sowie drei kleine Brueder; 7, 10 und 16 Jahre alt. Die Vorfahren meines Vaters sind Italiener und die meiner Mutter Araber. Mein Papa war des Uebrigen auch schon ein Jahr in Deutschland. Auch mit AFS. Auch als Jugendlicher. Meine Mama hat laengere Zeit fuer eine US-Firma gearbeitet und spricht deshalb auch oefter Englisch mit ihren Kindern. Beide sind, so wie ich das verstanden hab, Ingenieure. Man merkt gleich, dass man es hier mit Leuten zu tun hat, die offener fuer den Rest der Welt sind und die kulturelle Differenzen nicht nur aus der Zeitung kennen.
Insgesamt fuehle ich mich bisher sehr wohl. Wir haben schon mehrere tolle Erlebnisse zusammen gehabt, aber ich moechte jetzt nicht den Rahmen sprengen und naeher darauf eingehen. Sicherlich werde ich bei Zeiten noch einmal darauf zurueckkommen.

Zurueck zur Weihnachtsfeierei. Da mich meine zweite Familie derbst ankotzte, hatte ich schon seit geraumer Zeit das gemeinsame Weihnachtsfest gefuerchtet. Siehe "Die schlimmste Party. Ever." falls du dich fragst, warum.
Daher hatte ich mich, schlauer Bursche, der ich bin, bei meinem coolen Kollegen Carlos zu seiner Familie selbst eingeladen bzw. hab es so dargestellt, dass er mich einlud. Das war damals auch ein toller Moment gewesen und ich hatte mich schon auf ihn und seine Familie gefreut. Da wusste ich aber noch nichts von dem geplanten Familienwechsel und auch nicht, dass ich am 23. Dezember krank werden sollte - leichte Mandelentzuendung. Auf jeden Fall musste ich absagen, was aber kein Ding war, da ihm meine Gesundheit wichtiger war, als mich nochmals seiner Familie zu praesentieren (die ich uebrigens sehr mag, auch wenn man fast immer nur Guaraní spricht). Gaebe es mehr von seiner Sorte, waere die Welt echt ein ganzen Stueck lebenswerter. Vom ihm und auch meinen anderen Kollegen kann ich echt noch was lernen, vor allem sozial gesehen.
Daher also verbrachte ich Weihnachten mit meiner neuen Familie. Nachdem sie mit mir nachts noch zum Krankenhaus gefahren waren, weil sie sichergehen wollten, dass ich auch keine Streptokokken-Infektion hatte, gaben sie mir anschliessend noch mindestens fuenf verschiedene Medikamente. Mein Freund Eric, der gerade sein Jahr in Kolumbien verbringt, wuerde sich sicherlich in seiner Haengematte umdrehen, da er ganz klar der Homoeopathie den Vorzug gibt. Auch ich nehme eigentlich nie irgendwelche "teuflischen pharmazeutischen Erzeugnisse", um den Strassenpoeten Samy D Luxe zu zitieren, aber ich wollte meine neue Familie nicht beleidigen. Ausserdem hats super geholfen!
Weihnachten hier laeuft normalerweise so ab, dass man zunaechst ein grosses Familienessen abhaelt, dann um Mitternacht die Geschenke oeffnet und schliesslich zur Messe geht. Den letzten Teil haben wir gluecklicherweise weggelassen, denn um halb zwei nachts in die Kirche muss wegen mir eigentlich gar nicht sein. Bei uns gab es jedenfalls viel leckeres Essen und ich habe einen Haufen netter Verwandter getroffen. Ist schon komisch, dass ich auf einmal so gut wie alle Verwandten sympathisch finde, waehrend mir die vorherigen fast alle auf die Nerven gingen. Sollte man daraus etwa ableiten koennen, dass sich Personen mit bestimmten Charaktereigenschaften fuer gewoehnlich zusammentun? Sind bestimmte Persoenlichkeitszuege vererblich? Das finde ich eine sehr interessante These, die mich daran erinnert, dass ich anfangs mal Soziologie und auch Medizin studieren wollte. Auch wenn Ersteres eine Abbrecherquote von nahezu 70% hat, fuehle ich mich nachwievor dazu hingezogen. Mehr aber auch nicht. Dennoch wuerde ich euch, liebe Leser, darum bitten, mal selbst ueber diesen Sachverhalt weiter nachzudenken.

Das war im Grossen und Ganzen Weihnachten. Mir ist durchaus bewusst, dass ich dem eigentlichen Geschehen wenige Zeilen gewidmet habe, aber das liegt daran, dass ich keine Lust habe, naeher darauf einzugehen. Es war schoen und angenehm, eignet sich aber nicht zu einer Megastory. Eine der Grundregeln des Schreibens ist, dass man dabei immer selbst Spass haben sollte, wenn jemand anders das Geschriebene moegen soll. Daher schreibe ich immer nur Gedanken und Tatsachen nieder, die von literarischen Wert sind. Kann ich als einzelne Person bestimmen, was litarisch wertvoll ist und was nicht? Klar! Ist mein Blog, ey! Was glaubst du denn!?

Bis naechste Woche! ;-)

Sunday, December 20, 2009

Meine Arbeit und was ich hier eigentlich mache.

Leudeeeee!
Alter, damn es ist lange her! Seid ihr frustiert, habt ihr keinen Bock mehr auf Warten? Fuerchtet euch nicht, denn es ist endlich soweit. Euer Lieblingsautor meldet sich wieder zu Wort.

Jan-Willem Pruegel hat viele Geschichten zu erzaehlen. Zu viele. Aber ich denke ich werd einfach mal ein zwei Ereignisse herauspicken und euch zum Besten geben.
Anfangen moechte ich mit einer kleinen Beschreibung meiner Arbeitsstelle. Schon von mehreren Personen wurde ich gebeten, Aufschluss ueber meine eigentliche Beschaeftigung zu geben. Boese Zungen behaupten sogar ich wuerde den ganzen Tag nur chillen und keinen Finger ruehren. Ueeeebelste Unterstellung. Bin staendig am Schwitzen. Klar, liegt auch am 40 Grad Wetter, aber das tut hier jetzt nix zur Sache.
Also, ich bin freiwilliger Mitarbeiter einer Nicht-Regierungs-Organisation names Tierranuestra (spanisch fuer "Unsere Erde"), die in vielen Bereichen taetig ist. Unser Slogan ist "Aprendizaje para el desarrollo" (frei uebersetzt "Lehren um zu entwickeln")



Die Hauptarbeit wird im oekologisch-praeventiven Sektor verrichtet. Wir leisten Aufklaerungsarbeit in Paraguay, um den Leuten klarzumachen, dass wir nur diesen einen Planeten haben und gut auf ihn Acht geben muessen. Meine Rolle hierbei ist, dass ich mit meinem Team an verschiedene Schulen fahre und wir dort Workshops machen, die spielerisch und auch paedagogisch wichtige Naturschutzgrundprinzipien vermitteln. Wir beschraenken uns aber nicht nur auf Laberei, sondern realisieren auch verschiedenste Projekte. Meist helfen wir dabei, Baeume zu pflanzen, den Schulhof zu saeubern oder Klassensaele zu streichen. Normalerweise geben wir aber nur den Anstoss und bringen somit den sprichwoertlichen Stein ins Rollen. Nebenbei kann ich noch viele Kinder und Jugendliche kennen lernen, die meist mehr an meinem Leben interessiert sind als an meinen erleuchtenden Worten. Das ist aber ok, weil ich so zum interkulturellen Austausch beitragen kann.

Des Weiteren hat Tierranuestra eine Unterabteilung namens Sonidos de la Tierra (spanisch fuer "Klaenge der Erde" oder auch "Weltweite Klaenge"), die es sich zur Aufgabe gemacht hat Strassenkindern klassische Musik naeherzubringen. Dafuer werden Spenden gesammelt, um Lehrer auszubilden, Fahrtkosten zu erstatten und auch Instrumente zu kaufen. Als waere das noch nicht genug, so gibt es eine weitere Besonderheit der Sonidos-Leute: Sie stellen sogar einige Instrumente aus Muell her. Und glaubt mir ich hab einige davon selbst ausprobiert. Sind fuer den Laien im Klang absolut nicht von den kostspieligen Originalen zu unterscheiden. Um zu verdeutlich wie kostspielig nehme ich immer wieder gerne den Vergleich einer Geige eines Jungen, dessen Haus weniger wert ist als sein Instrument.
Insgesamt gefaellt mir meine Arbeit sehr und muss auch sagen, dass meine Kollegen super sind. Oft waren sie mir eine Stuetze in schweren Zeiten, waehrend mich meine Gastfamilie nur abgestresst hat.
Apropos Familie...da gibts auch noch ne Riesenneuerung. Aber mehr davon naechste Woche, ihr Blogsuechtigen!

und keine Angst, jetzt werde ich wieder regelmaessig posten. Bald werdet ihr wissen weshalb!

euer Jan!

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