Monday, October 26, 2009

Die schrecklichste Party. Ever!

Liebe Freunde,

Wenn ihr dies hier lest, seid ihr wohl wieder einmal auf meiner Seite, um zu sehen, was es Neues gibt. Zwingende Logik, klar. Aber ich frage mich doch hin und wieder, was genau uns dazu treibt, das zu tun, was wir tun. Geschieht wirklich alles aus gaenzlich freiem Willen? Gibt es so etwas wie freien Willen ueberhaupt? Was hat dich, lieber Leser, beispielsweise heute dazu bewegt diese Seite aufzurufen? Nun, ich koennte mir einige Gruende vorstellen. Du siehst es zum Beispiel als Pflicht an, dir meine neuesten Geschichten anzuhoeren. Das waere fuer mich jedoch ein durchaus suboptimaler Befund, da ich dich keinesfalls an meine Aufschriebe binden moechte. Eine regelmaessige Taetigkeit, die einem durch Zwaenge, seien sie offen oder latent, aufgedraengt wird, ohne, dass man sie schaetzt, wird einem fast immer zu einer verhassten Last. Paradebeispiele: Schule, Job, Ehe.
Doch so muss es nicht sein. Vielleicht hast du gerade auch nichts anderes zu tun und willst mal sehen, was dein alter Bekannter/Freund/Feind Jan so treibt. Mit Genugtuung verfolgst du vielleicht meine schweren Momente, mit Eifersucht begegnest du moeglicherweise meinen Erfolgen. Oder du siehst mich gar als eine Art Lehrmeister, der fuer dich die Steine aus dem Feuer holt, sprich Erfahrungen fuer dich macht, von denen du moeglicherweise aus zweiter Hand profitieren kannst. Im Englischen gibt es hierfuer einen sehr passenden Begriff, der gleichzeitig auch der Name eines “Tool” Songs ist: “Vicarious”. Auch mir war dieser zugegeben rare Begriff nicht bekannt und es brauchte mehrere Romane, in denen das Wort zufaellig passend angewandt war, bis ich ihn wirklich verstand. Er bedeutet, dass man etwas durch einen Mittler erlebt, also etwas durchlebt ohne es in Person selbst erlebt zu haben. Ich benutze jetzt mal den genialen Einsatz Raymond Khourys in seinem Bestseller “The Last Templar”, in dem der gealterte und lange verheiratete Polizist X sein Sexleben dadurch “vicariously” aufrecht erhaelt, indem ihm sein noch lediger und juengerer Kollege stets von dessen wilden Abenteuern berichtet. Von ganzem Herzen wuensche ich mir, dass ich euch auch so ein Mittelsman sein kann. Wenn auch auf anderem Terrain als besagter Detective. Selbst wenn viele von euch nur meine Bilder ansehen, so hoffe ich doch, dass ich ein paar von euch informativ und kreativ bereichern kann.
Wie dem auch sei und was deine Intentionen auch sein moegen, lieber Leser, herzlich willkommen auf meiner Seite. Geniess deine Zeit hier und lass mir einen Kommentar da!
Los gehts!
Diesmal habe ich mir vorgenommen etwas weniger zu schreiben und dafuer oefter zu posten. Mal sehen, ob das auch so hinhaut.
Berichten moechte ich euch heute von einem eher tristen Ereignis, einer Familienfeier. Zunaechst stellen wir uns noch einmal die Frage, warum es solche festlichen Gelage ueberhaupt gibt? Richtig: um froehlich beisammen zu sein.
Manch einer mag sich jetzt denken: “Ja und was hast du jetzt schon wieder daran auszusetzen, du verklemmter Misanthrop mit chronischem Stock-im-…(ihr wisst schon) !? Sag doch einfach, auf was du hinauswillst!!”
Also, geneigter Leser, ich moechte nur noch einmal klarstellen, was dieser Begriff eigentlich beschreibt. Fuer mich war es, gelinde gesagt, das absolute Gegenteil.
Es fing eigentlich ganz gut an. Meine zwei Gastschwestern, meine Gastmutter und ich fuhren gegen 8 abends los zu einem der wenigen exklusiven Sportclubs hier in Asunción. Dieses bisschen Luxus tat mir nach einer harten Arbeitswoche ganz gut, wobei ich nicht wie manche von mir verhassten Schnoesel klingen moechte und verkuende, dass ich mir dies “auch redlich verdient” haette. Dennoch wars anfangs ganz nett. Wir hatten einen Tisch in einem der integrierten Restaurants reserviert. Bald sah ich allerdings mit pessimistischen Blick, dass der Tisch laenger war als die Tennisplaetze ausserhalb. Das hiess wieder einen Haufen Leute kennen lernen, dumm grinsen bis zur Gesichtsspastik, Haende schuetteln, aufstehen und sich wieder setzen, hundert mal nachfragen, weil man das genuschelte Spanisch wieder nicht verstanden hat etc. Ihr koennts euch denken. Des Weiteren muss man sich etliche Namen merken, nur um sie gleich danach wieder zu vergessen und die Person dann doch wieder mit “Pablo” oder “Maria” anzusprechen. Dazu kommt kommt dann immer noch meine Lieblingsfrage: “¿De cual parte de Alemania sos? (“Aus welchem Teil Deutschlands stammst du?”) Enervierend daran ist naemlich, dass die meisten Deutschland nicht mal auf der Weltkarte finden wuerden, geschweige denn Staedtenamen kennen. Aber gut, dass ist eigentlich nicht weiter schlimm und passiert mir, wenn auch weniger intensiv, fast taeglich. Zu meiner negativen Stimmung beigetragen haben hauptsaechlich folgende Dinge:
1. Meine vorherige Gastfamilie war leider natuerlich auch eingeladen. Wie ich vielleicht schon angedeutet hatte, war die Freude nicht auf meiner Seite. Eher die Motive “Ekel und Abscheu”, die mich unweigerlich an “Homo Faber” erinnern. (An dieser Stelle sei mein Parallelkurs Deutsch bei Herrn Rose gegruesst.)Besonders meine erste Gastmutter hat ihrem Ruf als “Eminenz Impertinenz” wieder alle Ehre gemacht.
2.Meine Gastschwestern, einzige Nicht-“alte Leute” am Tisch waren die ganze Zeit unauffindbar verschwunden.
3.Ich musste am Kindertisch sitzen. Haha, lustig, ich weiss. Fand ich aber nicht. Ich hatte wunderbar an einer Ecke gesessen und mit zwei netten Verwandten geplaudert als es hiess ich soll an den Kindertisch. Wer mir das befohlen hat? Jedenfalls nicht meine jetztige Gastmutter, die als einziges Mitglied des Clubs alle eingeladen hat. Sie hatte mir sogar gesagt, ich koenne sitzen bleiben. Nein, es war ihre Schwester, ihre “Eminenz”. Mann, war ich angepisst und bins heute noch, wenn ich dran denke. Es war einfach ein runder kleiner Abstelltisch, der nur wie ein Wurmfortsatz am eigentlichen Tisch angebracht war. Cool war auch, dass ich ganz alleine da sitzen durfte. Ach ja, man meinte es ja so gut mit mir! Erste Gastmutter hat mich noch schoen wohlwollend angelaechelt. Das Schlimme daran ist, dass sie vermutlich noch denkt, sie tut mir einen Gefallen, damit ich mir nicht mit andern Leuten die Zeit vertreiben muss, sondern alleine weit weg hocke. Klar, deswegen bekommen manche Straftaeter auch Einzelhaft, weil sie sich so gut benommen haben. Schliess mich ruhig aus. Oh und nein danke, du brauchst mir keine Kruemel aufzuheben. Ich hab ja schon meinen tollen Sitzplatz, da brauchst du mich nicht noch maesten, sonst wird mein Arsch noch so fett wie deiner und ich muss im Bus zwei Sitze bezahlen.
Apropos fett, ganz allein war ich dann doch nicht. Nach etwa einer Stunde Solositzen kamen dann noch drei juengere Verwandte hinzu, die zusammen wohl das Gewicht eines Kleinwagens aufbringen duerften. Nach bedrohlichem Knarzen liessen sie sich dann auf den, anscheinend titaniumverstaerkten, Stuehlen nieder, um sich dann gleich ueber saemtliche zuckerhaltigen Getraenke in greifbarer Naehe herzumachen. Sie wurden mir namentlich kurz vorgestellt, ignorierten mich dann aber gleich wieder. So hab ichs gern. Dadurch wurde mir meine Einsamkeit nur noch mehr bewusst. Ich stellte dann zwar ab und zu immer mal wieder ein paar Fragen, jedoch verlief jedes Gespraech recht schnell im Sande. Daher wandte ich mich meinem Handy zu und spielte ein integriertes Minispiel, was mich auch recht gut unterhielt. Kurze Zeit spaeter merkte ich allerdings, dass man sich weiter oben, am “Erwachsenentisch” oder von mir auch liebevoll Arthritis-Gilde genannt, besorgt ueber mich unterhielt. “Was macht er denn?” – “Ach, er spielt mit seinem Handy. Hm, er spricht ja gar nicht mit [Pablo , Paco, Maria – was weiss ich?!]” – “Was ist nur los mit ihm”.
Als ich dann aufsah, brach ihre Eminenz schnell das Gespraech ab bzw. wechselte bewusst in das mir unverstaendliche Guaraní. Ratte! Dann kam wieder mit einem zuckersuessen Laecheln der Aufruf, ich solle mit “Dick, Dumm und Duemmer” doch ins Gespraech kommen. Gut, dass das jeder am Tisch hoeren konnte und sich prompt umdrehte und mich neugierig musterte. Manche Leute beschreiben mich als kontrolliert, sogar kuehl bei Zeiten, aber selbst mir ist sowas natuerlich extrem unangenehm. Versteht ihr, vielleicht jetzt, warum ich mich einfach nicht wohl gefuehlt habe? Des Weiteren hatte ich niemanden zum Reden waehrend die meisten anderen einen Riesenspass hatten. Gott, ich hab mich so ausgeschlossen gefuehlt und das war und ist wirklich hart. Mit Grauen sehe ich den kommenden “Familienfeiern” entgegen. Dabei bin ich noch gar nicht so lange hier. Wobei ich sagen muss, dass mich eine kleine Sache, neben dem zugegeben vorzueglichen Essen, doch etwas aufgemuntert hat.

Doch davon mehr naechstes Mal, liebe Freunde.

3 comments:

  1. Hey Jan,
    ich kann diese ganze Feierei auch nicht ausstehen. :( Immerhin sind meine Verwandten und deren Freunde echt nett und neben den Standardfragen (wie geht's, woher kommst du, wie gefällt dir Kolumbien) kann man mit einigen auch echt nett reden. Aber diese Abknutscherei der 4 Omas und 17 Tanten und 5 Schwippschwägerinnen kann ich nicht ausstehen.
    Und mit den Namen geht's mir genauso wie dir, die sehen hier aber auch alle gleich aus mit ihren schwarzen Haaren und dunklen Augen. :S
    Da mich diese Blog-Schreiberei echt nervt, wenn man nie Kommentare bekommt, werde ich dir jetzt öfter mal was schreiben. Wir sollten mal wieder skypen, wenn du Zeit hast. Ich bin eigentlich abends immer online.

    Lars

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  2. Meine Tochter Annika ist gerade mit AFS in Quiindy, daher habe ich auch zufällig diesen Blog gefunden. Ist ja alles ganz interessant, aber ich fände es auch schön, wenn du mal berichten könntest, was du da eigentlich so den ganzen Tag "bei der Arbeit" treibst und nicht nur wie sich deine Freizeit gestaltet....Na vielleicht kommt da ja noch was...Lieben Gruß aus Deutschland!
    Petra K.

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  3. Liebe Petra,

    vielen dank fuer dein Kommentar. In der Tat hab ich bisher wenig von meiner Arbeit erzaehlt. Das hat den einfach Grund, dass ich noch auf die passenden Bilder warte und daher von anderen Erlebnissen erzaehle. Aber keine Sorge. Wie du weisst, gut Ding will Weile haben!

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