Thursday, August 5, 2010

V. Der Odyssee Fünfter Teil - Auflösung

Wenn du denkst es geht nicht mehr,
kommt von irgendwo die Krönung her!

Wie jedes Meister- und Machwerk hat auch diese Erzählung einmal ein Ende. Heute erleben wir den letzten Teil des Versuchs meinerseits, etwas Neues zu schaffen.
Wir wenden uns dem Abschluss zu und leiten das Denouement, oder auch Entknotung, des Grundkonflikts ein. Normalerweise wird der Zuschauer dann durch den Tod des Helden zu einer emotionalen Reinigung, oder Katharsis, gebracht, die ihm hilft, das eigene Leben besser zu handlen.

Gleich vorab verrate ich schon mal, dass ich euch mit einem Ableben, und wäre es noch so förderlich für eure geistige Entwicklung, leider nicht dienen werde. Zumindest nicht zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Texts. Dennoch strebe ich eine Läuterung unserer aller Gemüter an, indem ich den angesprochenen Grundkonflikt, nämlich meine Sehnsucht, zu entmystifizieren gedenke. Gehen wir dem Übel auf den Grund, nehmen es auseinander und lernen somit gleich etwas fürs nächste Mal.

Lassen wir noch einmal kurz Revue passieren, da mein letzter Eintrag schon mehrere Tage zurückliegt und auch deshalb, weil das Thema immer wieder schöne Erinnerungen von früheren Reisen in mir wachruft: "das Grosse Wasser", was die Indianer schon vor langer Zeit Maiyami tauften.
Ich saß also im Flug von Sao Paulo nach Miami und dachte mir so, "Warum nicht einfach in Partytown bleiben und das Endziel sausen lassen?"
Ich war kurz wirklich versucht. Es wäre sicher auch nicht allzu kostspielig gewesen, zumindest für eine Nacht dort zu bleiben und dann eine kleine Umbuchungsgebühr für einen neuen Anschlussflug am nächsten Tag zu bekommen.

Immerhin wäre ich in weniger als 24h von paraguayischer Pampa zu South Beach Promenade avanciert. Das ist in etwa so, als ob der Rasenmäher über Nacht plötzlich zu einem Lamborghini mutiert wäre; zumindest in meiner Weltanschauung!

Dennoch nahm ich von diesem vorwitzigen Vorhaben schnell wieder Abstand, da mein Lebensweg mich nicht nach Florida, sondern zu meiner Freundin trieb. Nach Lektüre von Coelhos "Alchimisten" werdet ihr sicher verstehen, wenn ich von "Zeichen" rede, die sich auf dem eigenen Lebensweg immer wieder offenbaren und deren Existenz und Hinweise wir entweder ignorieren oder folgen können. Es liegt ganz bei uns! Manche mögen mich für einen Träumer oder Weltfremden halten. Bitte! Das kann ich echt gerade noch verkraften. All die Dinge, die bei der Planung und Ausführung der Reise hätten schiefgehen können, waren wie die Sprossen unserer Karriereleiter: Wir sind einfach draufgetreten!

Nach der Ankunft in Miami International, blieb ich also ganz brav am Flughafen und checkte pflichtbewusst, wenn auch genervt ob der Unnötigkeit, meinen Koffer erneut ein.
Lässigerweise weigerte ich mich nachwievor Englisch zu sprechen, was in Südflorida aber aufgrund der Prävalenz kubanischer und mexikanischer Reisender keine Rarität ist und deshalb auch immer zweisprachiges Servicepersonal eingesetzt wird. Dummerweise war deren Spanisch manchmal etwas ungewohnt für mich, was in mindestens einem Fall ein peinliches Nachfragen erforderte und mitleidige Blicke auf sich zog.

Auch hier hatte ich eine stattliche Wartezeit von etwa 3,5 Stunden, die ich inzwischen routiniert mit Räsonieren und People-Watching tot schlug.

An einem Kiosk sah ich dann noch den witzigsten Buchumschlag überhaupt. Es war das humoristisch-kritische Werk "I am America (And so can you)" von Stephen Colbert, einem US-Komiker, dessen Rückseite ihn freudig bei der Lektüre seines eigenen Schriftstücks zeigt. Dies soll andere, ernste Bücher und Autoren auf die Schippe nehmen, die sich stets scheinbar intellektuell und retouchiert ablichten lassen und berühmte Autoren oder Politiker für ein oberflächliches Lob bezahlen. Sein aufgedruckter Kommentar:

"Ich lachte, ich weinte, ich habe 15 Pfund verloren. Ich kann dieses Buch nicht genug empfehlen."

Es kommt vielleicht nicht so lustig rüber wie ich es damals empfand, aber nach etlichen Stunden Reise ohne Schlaf traf dieser dumme Spruch genau meinen Nerv.
Der letzte Flugabschnitt machte mich dann auch schon etwas nervös. Als ich schliesslich ankam, wartete meine Gastmutter schon auf mich und ich konnte mein Englisch nicht länger zurückhalten.

Vom Rest meines Urlaubs möchte ich nicht weiter erzählen. Zunächst einmal, weil er keinerlei entwicklungspolitische Relevanz hat, aber vor allem auch, weil es niemanden etwas angeht.
Einzig gilt es zu erwähnen, dass ich eine wunderschöne Zeit verlebt habe und es mir erneut einen Stich ins Herz versetzte, als ich meine Freundin letztendlich wieder zum Flughafen bringen musste. Außerdem waren wir überraschend doch noch kurz in Florida, da meine Gastmutter noch einer Freundin bei etwas helfen wollte. Für uns ist dann also trotzdem noch ein Strandurlaub rausgesprungen. Es kommt eben immer doch alles so, wie es sein sollte. Das Leben weiß schon, was es tut!

Die Rückreise war der Hinfahrt sehr ähnlich, nur, dass ich nicht über Miami fliegen musste und entsprechend nur lockere 10 Stunden in Sao Paulo auf meinen Bus zu warten hatte.
Das einzig Nennenswerte geschah etwa 15 Minuten nach Abfahrt des colectivos nach Asunción.

Unser Bus fuhr dummerweise einem kleinen Pickup-Truck auf. Der Fahrer des Gefährts hielt sofort an und stieg mit wütendem Gesicht aus. Ich konnte das sehen, weil ich ganz vorne im oberen Teil des Zweietagenbusses saß. Nach kurzer Stille hörte man ein paar laute, aber unverständliche Worte. Dann ging der gerammte Fahrer wieder in Richtung seines Autos. Ich dachte, dass man sich wohl verständigt und entschuldigt hatte. Das dachte ich. Bis der Geschädigte plötzlich mit einer großen Brechstange aus dem Kfz stieg und das Metall schwingend in unsere Richtung rannte. Ich realisierte die Gefahr erst richtig als die Schläge gegen die Windschutzscheibe Vibrationen im ganzen Bus auslösten, die bis in meine Wirbel durchdrangen. Kurz darauf fingen ein paar Frauen an zu schreien und mit geschlossenen Augen und unter Tränen ihre Ave Marias zu beten. Ich machte mir einzig deshalb Sorgen, da ich vielleicht noch länger warten müsste, heimzukommen.

Nach etwa einer Minute machte sich das "Opfer" wieder auf seinen Weg; anscheinend der Meinung, der Gerechtigkeit Genüge getan zu haben. Da sich für die nächsten Augenblicke nichts rührte, befürchtete ich schon, er habe dem Busfahrer den Schädel eingeschlagen. Doch kurz darauf ging es weiter, als sei nichts geschehen.



So endet sie also, die Odyssee meines Herzens. Es war eine lange und lehrreiche Reise. Ich habe sie sehr genossen, auch, wenn sie mich viel Kraft gekostet hat.

Habt Dank für eure Treue und Aufmerksamkeit.


Da wir schon einmal beim Ende sind...
Wie ihr vielleicht gemerkt habt, hat sich mein Jahr dem Ende zugeneigt. Das bedeutet auch, dass mein Blog seinen Dienst zum größten Teil getan hat. Die Odyssee war das letzte Großprojekt. Was nun noch fehlt, sind erste Eindrücke nach der Rückkehr und noch ein oder zwei Zeitungsartikel, die ich vielleicht noch veröffentlichen werde.

Bleibt also noch etwas dabei und genießt die letzten meiner Ergüsse auf "JanInParaguay".

ergebenst, euer Jan

2 comments:

  1. klingt doch mal wieder interessant. wie lange führst du deinen krieg da unten eigentlich noch?

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  2. Bin seit letzter Woche daheim! ;)

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