Monday, March 1, 2010

AFS Halbjahres-Orientierung Teil I

Da nunmehr der Maerz angebrochen ist, halte ich es zeitlich fuer angebracht, euch eine Ereignisreihe von Ende Januar zu erzaehlen: Die "Orientación de Mitad de Estadía" (Midstay-Camp)

Im Allgemeinen umfasst unser Anderer Dienst im Ausland (ADiA) etwa ein Jahr. Dazu gehoeren neben dem eigentlichen Jahr ein zweiwoechiges Vorbereitungsseminar (VB), eine Halbjahresorientation sowie ein Nachbereitungsseminar (NB). Waehrend man normalerweise denken koennte, dass all diese Pflichtveranstaltungen aeusserst zaeh und langweilig sein koennten, so muss hier ein differenzierendes Licht ins Dunkel des Vorurteils gebracht werden.
Die VB beispielsweise war inhaltlich manchmal durchaus einschlaefernd. Dies wurde aber aufgehoben durch die Freundschaften, die mit anderen latino weltwaerts-Leuten geschlossen werden konnten und noch bis auf diesen Tag bestehen. Denn das gleiche ungewisse Schicksal hat viele zusammengeschweisst, auch wenn es selbst bei uns zu Cliquenbildung kam.
Der naechste Abschnitt war das Arrival-Camp, was dann aber irgendwie ausfiel, weil wir nicht ordnugnsgemaess und zum rechten Zeitpunkt in Paraguay ankamen. Es gab dann noch ein Camp fuer die FSJ'ler und Austauschschueler zu dem Steffi, Nic und ich allerdings nicht eingeladen wurden. Anfangs sehr darueber veraergert, dankte ich spaeter aus vollem Herzen dafuer, dass ich doch nicht mitgegangen war. Denn just in diesen Tagen wurde ich von einem ueblen Miasma heimgesucht, dass mich ans Bett bzw. die Toilette fesselte und so schnell nicht mehr losliess.
Damit war also die naechste obligatorische Huerde das Midstay-Camp. Waehrend es urspruenglich Ende Dezember stattfinden sollte, wurde dieser Termin von AFS ein paar mal hin und her verschoben um angenehm jede Reiseplanung fuer den Januar in den Lokus zu befoerdern. Besonders Steffi kann hiervon ein langes und klagenreiches Lied singen. Waehrend sie sicherlich am meisten unter der Inkompetenz und Willkuer gewisser Organisatoren zu leiden hatte, so koennen doch auch viele andere von uns dazu zumindest den Backgroundgesang uebernehmen.
Schliesslich wurde das Camp auf die Tage 27.-29. Januar angesetzt.
Normalerweise ist diese Halbjahresorientierung wirklich ein Camp, fuer das man sich ein nettes Hotel oder Motel bucht und ein paar Tage tagsueber Workshops hat und abends bis spaet in die Nacht Spass hat und sich Geschichten erzaehlt oder einfach abfeiert. So war es zumindest damals bei mir in den USA und bei der VB. Hier war die ganze Situation etwas anders, da wir nur zu dritt waren und zudem auch alle recht nahe beisammen wohnen. Aufgrunddessen fing der offizielle Teil jeweils um 9:00 Uhr morgens an und ging bis 16:00 nachmittags. Die ersten beiden Tage fanden im Hotel "Portal del Sol" statt, was mir ganz gelegen kam, da es gerade mal 15 Minuten Fussmarsch von meinem Haus entfernt liegt. Dennoch fuhr mich mein Gastvater am ersten Tag hin, um mir nebenbei die Gegend um unser Haus zu zeigen; so etwa das "Colegio Goethe" (lies "Gett"), auf das meine Gastbrueder gehen und auch die angeblich beste Schule Paraguays ist. Man lehrt hier neben Spanisch in einigen Faechern auch in Deutsch und in anderen in Englisch. Persoenlich kann ich sagen, dass es mit den Schulen an denen ich fuer gewoehnlich arbeite nicht zu vergleichen ist. Es wirkt fast wie eine Universitaet mit pedantisch getrimmtem Rasen und blitzblanker Fassade. Die meisten Bildungsanstalten hier koennen froh sein, wenn sie intakte Fensterscheiben haben.
Wie dem auch sei, nachdem die Orientierung begann, wurden wir zunaechst etwa zweieinhalb Stunden ueber die Geschichte Paraguays belehrt. Nicht unbedingt der Knueller, besonders, da wir dies schon mehrfach im Rahmen unseres Auslandaufenthaltes gelernt hatten und ich es persoenlich von jedem aelteren Paraguayo erklaert bekomme, den ich nicht sofort auf ein anderes Thema lenke. Aber immerhin war unsere Instruktorin, Maria-José oder auch Majo, eine Geschichtsstudentin, die den Stoff moeglichst begeistert rueberbrachte. Zum Mittagessen ging es dann ins "La Vienesa", ein ausgezeichnetes Bistro, das europaeische Kueche mit lateinamerikanischen Einfluessen aufs Koestlichste vereint. Dennoch fuehlte ich mich etwas in die US-amerikanische JimCrow-Zeit der Rassentrennung zurueckversetzt, da die Gaeste fast ausschliesslich hellhaeutig waren.
Dort trafen wir dann unseren ersten von insgesamt vier Gastrednern, der uns mit Informationen ueber das Bildungssystem Paraguays versorgte, waehrend wir uns an den gastronomischen Genuessen auf Kosten von AFS labten. Seinen Namen habe ich vergessen, aber er war recht jung und wollte interessanterweise auch lieber Englisch mit uns sprechen. Als ich dennoch nur auf Spanisch mit ihm parlierte, nahm er mir das dennoch nicht uebel. Nur meine Bemerkung, ob wir mit den Fragen nicht bis nach dem Essen warten koennten, stiess auf allgemeines Unverstaendnis am Tisch. Insgesamt war er recht gut informiert und liess sich durch meine teilweise absichtlich hinterlistigen Fragen (ich war immer noch etwas veraegert nicht in Ruhe essen zu koennen) nicht aus der Ruhe zu bringen. Schliesslich verwickelte ich ihn in ein Gespraech ueber das rechtliche System Paraguays und der USA. Gerade als ich mich wirklich fuer das interessierte, was er zu sagen hatte, mussten wir allerdings schon wieder ins Hotel gehen. Ich gab ihm meine Email-Adresse, um mir bezueglich einiger Fragen zu antworten. Er hat mir nie geantwortet. Er mag so europaeisch sein und so viel Englisch sprechen wie er will, man merkt wo seine Erziehung herkommt. Das ist jetzt wirklich nicht so boese gemeint wie es klingt. Es ist nun mal einfach Teil dieser Kultur nicht alles wortwoertlich zu nehmen. Da sind die meisten Deutschen ganz ganz anders.
Nach einer ausgedehnten Pause kam am Nachmittag noch eine weitere Rednerin, die ueber die persoenliche Entwicklung und deren Phasen referierte und anhand von verschiedenen Aktivitaeten vorfuehrte wie und ob wir uns schon veraendert haben. Insgesamt fand ich den Vortrag sehr interessant und auch aeusserst professionell durchgefuehrt. Diese Person war definitiv keine AFS-Angestellte. Im Gegenteil, sie erzaehlte uns, lange Zeit in New York gelebt und neben Paraguay auch in Oxford Soziologie und Paedagogik studiert zu haben.


[wir vertieft bei der Arbeit mit der zweiten Referentin] ;-)

Am naechsten Tag ging es weiter mit einem ehemaligen Professor der renommierten amerikanischen Emory Universitaet, der uns einen ausgedehnten Vortrag ueber u.a. das Lernen hielt, allerdings genau den Fehler machte, den er in seinen Ausfuehrungen am meisten anprangerte: Das einseitige Schwadronieren anstelle von aktivem Einbinden des zu Lehrenden, sprich uns. Dennoch war er ein intelligenter und interessanter Dozent.
Abschliessend wurden wir noch von einem viertem Redner unterhalten, der uns eine eintoenige Powerpoint-Praesentation vorfuehrte, dessen Inhalt ich nun aufgrund seiner Redundanz damals nicht festzustellen vermochte und ihn deshalb nun leider auch nicht mehr wiedergeben kann. Ich musste auch ganz dringend auf die Toilette und er wollte mich nicht lassen.
Das Ende des letzten Tags gab es noch die Moeglichkeit ein persoenliches Gespraech mit einem AFS Freiwilligen zu fuehren, falls man denn wollte. Ich wollte nicht und begab mich an den PC, um seit Laengerem mal wieder einen Blogartikel zu schreiben.

Das hier Wiedergegebene waren Tag 1 und 2. Fuer das Finale gingen wir auf eine kleine Reise in Paraguay, was meiner Meinung nach einen eigenen Artikel verdient. Also, bleibt dabei! :-)

2 comments:

  1. Jo, meine Schule hat keine Fensterscheiben^^ =) ... und soll trotzdem eine der besten öffentlichen in Cali sein.

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  2. Goethe ist auch privat! Des Weiteren ist Kolumbien kaum mehr als ein Loch ;-)

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